Frankfurter Neue Presse, 28.10.99 In Washington waren vor allem Kochs Ansichten zur Türkei gefragt Von Ernst Bader Madison/Wiesbaden. Der europapolitische Berater Bill Clintons, Tony Blinken, mochte den Gast aus Deutschland gar nicht gehen lassen. Teilnehmer des Gesprächs im US-Außenministerium berichteten: Weil Präsident Clinton demnächst die heiklen Nato-Partner Griechenland und Türkei besuchen wird, waren die außenpolitischen Einschätzungen von Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) gefragt. Für die USA ist die Haltung zur Türkei eindeutig von strategischen Interessen bestimmt. Auch bei einem Treffen in der Militär-Universität Fort Lesley warb Koch um Verständnis für die deutsche Position in dieser Frage. Im Kosovo-Konflikt seien Europa und die USA erstmals entschlossen und mit Gewalt Menschenrechts-Verletzungen entgegen getreten. Deshalb könne man diese Fragen im Verhältnis zur Türkei nicht einfach außer Acht lassen. Zwar ist das politische Washington in diesen Tagen eigentlich mit sich selbst beschäftigt, denn die schwierigen Budget-Verhandlungen sind geprägt vom Vorwahlkampf um die Präsidentschaft. Doch der Gast aus Deutschland, der mit seinem Erfolg in Hessen die Serie der Niederlagen von SPD und Grünen einleitete, trifft in der US-Hauptstadt auf viel Interesse. Ein Dutzend Parlamentarier und Berater aus der Clinton-Administration suchten das Gespräch mit ihm. Mit dem Demokraten Bob Wise redete Koch über die Verwaltungsreform, außenpolitische Fragen erörterte er mit Tom Petry, dem Mann, den der republikanische Präsidentschaftsbewerber George W. Bush wohl zum US-Außenminister machen würde, sollte er im nächsten Jahr ins Weiße Haus einziehen. Doch die, die sich für Deutschland interessieren, fragen auch nach der innenpolitischen Situation. Nach einem Vortrag über die Folgen der Globalisierung geht es zur Sache. Roland Koch hat seine Überzeugung dargelegt, dass Deutschland diese Herausforderung nur bestehe könne mit einer entscheidenden Steuerreform und Spitzensteuersätzen von 40 Prozent. Kann es zwischen den CDU-regierten Ländern und der rot-grünen Bundesregierung noch einen Kompromiss geben? Wie lange steht Bundeskanzler Schröder die Serie der Niederlagen durch? Koch antwortet mit der gebotenen Zurückhaltung. Sollte die SPD in Schleswig-Holstein oder in Nordrhein-Westfalen verlieren, habe Schröder "große Probleme". Ob die SPD noch die Kraft zu einem Steuerkompromiss habe, wisse niemand, eine Frage mit "open end". |