fr, 28.10.99 Berlin verhandelt mit Türkei über Giftgas-Labor Bundesverteidigungsministerium: Anlage wäre nur zur Analyse chemischer Kampfstoffe tauglich Von Axel Vornbäumen Das Bundesverteidigungsministerium hat Vorwürfe zurückgewiesen, es betreibe "Rüstungskooperation im C-Waffenbereich" mit der Türkei. Beide Regierungen verhandeln aber über den Aufbau eines "C-Waffen-Labors", mit dem die Türkei - wie es heißt - in die Lage versetzt wird, sich vor Gasangriffen zu schützen. BERLIN, 27. Oktober. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums wies am Mittwoch in Berlin in scharfer Form einen Bericht der ZDF-Sendung "Kennzeichen D" zurück, der die deutsch-türkischen Verhandlungen über ein Labor mit der Lieferung von CS-Gas-Patronen verquickt hatte. In der Sendung erhebt die Hilfsorganisation medico international den Vorwurf, die türkische Armee könnte mit Know-how aus Deutschland "unter Umständen C-Waffen herstellen". Davon kann laut Verteidigungsministerium im Zusammenhang mit dem Labor keine Rede sein. Die Bitte der Türkei, Berlin solle ihr beim Aufbau eines C-Waffen-Labors helfen, sei eine "rein defensive Maßnahme". Mit diesem Labor "wird die Türkei in die Lage versetzt, chemische Kampfstoffe festzustellen und zu analysieren, um dann eigene Abwehrmaßnahmen zu treffen, zum Beispiel ABC-Schutzausrüstungen wie Anzüge, Handschuhe, Stiefel und Schutzmasken zu testen", hieß es in einer Erklärung des Ministerium. "Dies geschah vor dem Hintergrund, dass die Türkei in Nachbarschaft von Nationen liegt, die nachweislich über C-Waffen verfügen und diese auch einsetzen". Ein eventuelles Geschäft wäre durch das "Internationale Übereinkommen über das Verbot von C-Waffen, dem sowohl Deutschland wie die Türkei beigetreten sind", gedeckt. Nach FR-Informationen hat Istanbul Ausstattung und Größe des Labors noch nicht präzisiert. Deshalb sei auch "noch kein einziges der Analyse- und Prüfgeräte, die zur Diskussion stehen, in die Türkei geliefert worden", hieß es. Die Bundeswehr ist auf dem Gebiet der Abwehr chemischer Kampfstoffe führend; während des Golfkriegs wurden beispielsweise mobile Labors an Saudi-Arabien geliefert. Zwei Tage nach dem Krach innerhalb der rot-grünen Regierungskoalition wegen eines Testpanzers für die Türkei wurde damit neuer Zwist abgewendet. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt nannte die vom Scharping-Ministerium abgegebene Erklärung "akzeptabel". Auch die Verteidigungsexpertin der Grünen, Angelika Beer, sprach gegenüber der FR von einem "korrekten Verfahren". Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte am Mitttwoch die Lieferung von CS-Gas-Proben an die Türkei durch deutsche Firmen. Die sei Mitte der 90er Jahre genehmigt worden und auch aus heutiger Sicht nicht zu beanstanden. Nach Angaben von "Kennzeichen D" gibt es Hinweise dafür, dass deutsches CS-Gas im Mai diesen Jahres von der Türkei gegen PKK-Kämpfer in einer Höhle eingesetzt worden ist. Diesen Sachverhalt will Beer aufgeklärt sehen. |