sz, 28.10.99 Bundeswehr will C-Waffen-Labor an Türkei liefern Regierung bestätigt Bau einer Anlage Verteidigungsministerium: Mobiler Container kann nur zur Abwehr chemischer Kampfstoffe eingesetzt werden Von Stefan Kornelius Berlin - Die Türkei will von der Bundeswehr ein Labor zur Analyse chemischer Kampfstoffe kaufen. Die Bundesregierung bestätigte am Mittwoch in Berlin, dass ein entsprechendes Gesuch seit Juni bearbeitet werde. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums betonte, dass es sich dabei nicht um ein Labor zur Herstellung chemischer Waffen handele, wie vielfach behauptet wurde. Vielmehr handele es sich um einen Container mit Analysegeräten, der auf einen Lastwagen montiert werde. Die Geräte könnten chemische Stoffe feststellen und analysieren. Die Türkei gilt wegen der Nachbarschaft zum Irak als besonders gefährdet für einen Angriff mit chemischen Waffen. Das Labor gibt es nach Information des Verteidigungsministeriums bei der Bundeswehr nur ein Mal. Es ist mit handelsüblichen Geräten bestückt, die von den Streitkräften zusammengebaut und für einen Einsatz im Feld umgerüstet wurden. Aus einem Briefwechsel zwischen dem türkischen Militärattaché und der zuständigen Abteilung im Verteidigungsministerium geht hervor, dass die Türkei zunächst ein ortsfestes Labor erwerben wollte. In der ersten Phase würden vier Geräte - Chromatographen und Spektrometer - beschafft, schreibt der Attaché. Die Bundeswehr bot nun an, die mobile Container-Variante zu bauen. Das Bundesamt für Wehrtechnik wurde beauftragt, beim Bau behilflich zu sein. Der Bundessicherheitsrat muss einem Export nur zustimmen, wenn in dem Labor Geräte verwendet werden, die mit einem Exportverbot belegt sind. Die Entscheidung darüber kann erst fallen, wenn das Labor endgültig geplant ist. Die Meldung über das türkische Interesse löste in Berlin hohe Nervosität aus, weil ursprünglich unterstellt wurde, die Türkei wolle mit deutscher Hilfe chemische Kampfstoffe produzieren. Zwei Tage nach dem Koalitionsstreit über die Lieferung eines Leopard-Panzers in die Türkei war die Bundesregierung sensibilisiert. Das Verteidigungsministerium betonte deshalb mehrmals den defensiven Charakter des Labors. Die Ausrüstung der Bundeswehr auf diesem Gebiet gilt als besonders fortschrittlich. Die Streitkräfte verfügen sowohl über stationäre Labors als auch über den sogenannten Spürpanzer Luchs, der in einem Kampfgebiet chemische Stoffe orten kann. Die Türkei hat wie die Bundesrepublik und mehr als hundert andere Staaten die sogenannte C-Waffen-Konvention über die Nichtverbreitung und Vernichtung von chemischen Waffen unterzeichnet und ratifiziert. Die Konvention sieht strenge Kontrollen chemischer Anlagen und Lagerplätze für chemische Stoffe vor. Die Vernichtung der Kampfstoffe wird international verifiziert. Die Türkei hat das Abkommen 1993 unterzeichnet und 1997 ratifiziert. Die Bundesregierung wies eine Darstellung des ZDF-Magazins Kennzeichen D zurück, wonach sie mit der Lieferung gegen die Chemiewaffen-Konvention verstoße. Das Frühentdeckungs-Labor könnte im Rahmen einer Nato-Kampagne zum Schutz vor Massenvernichtungswaffen geliefert werden. Das Nato-Mitglied Türkei ist als Grenznachbar des Irak der unmittelbaren Bedrohung durch chemische Waffen ausgesetzt. In dem Labor sollen entsprechend des Schriftwechsels des Verteidigungsattachés auch Kampfstoffe in kleinen Mengen produziert werden. Die Herstellung ist erlaubt, um Vergleichsstoffe zur Analyse zu lagern und Schutzmaterial wie Gasmasken auf ihre Tauglichkeit zu testen. Die Stoffe werden allerdings im Rahmen der Konvention registriert und kontrolliert. |