Frankfurter Neue Presse, 18.11.99 300 Unterschriften gegen Abschiebung der Familie Saygili Limburg. Aus humanitären Gründen müsse es umgehend eine "Altfall- und Härtefallregelung" für Asylbewerber und Flüchtlinge geben, die bereits seit vielen Jahren in Deutschland leben. Diese Forderung wiederholt das von beiden Kirchen, der Caritas, der Initiative für Mitmenschlichkeit und dem Komitee für Grundrechte und Demokratie getragene Limburger Aktionsbündnis mit Blick auf die zweitägige Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern, die heute in Görlitz beginnt. Dabei verweist das Bündnis auf die von der Abschiebung bedrohte kurdische Familie Saygili aus Eschhofen. Für den Verbleib der 1990 aus der Türkei nach Deutschland geflohenen Familie haben Mitarbeiter des Netzwerkbezirks Limburg der Bahn AG und der RSV Weyer inzwischen mehr als 300 Unterschriften gesammelt. Das Initiativbündnis sieht darin einen Beleg vor allem für die gelungene Integration von Hüseyin (21) und Erkan Saygili (19). Hüseyin und Erkan Saygili wurden bei der Bahn ausgebildet und dort angestellt. Erkan spielt Fußball in der ersten Mannschaft des RSV Weyer, Hüseyin beim A-Ligisten TuS Staffel. Politik und zuständige Organe müssten sich ihrer Verantwortung gegenüber diesen jungen Menschen bewusst sein, die zwölf und zehn Jahre alt waren, als sie 1990 mit ihren Eltern in die Bundesrepublik einreisten. "Wie kann angesichts solcher Fakten die Frage der Abschiebung relevant sein? Wer würde die Verantwortung für eine zwangsweise ,Rückführung' in die totale Ungewissheit der Türkei übernehmen?" - diese Fragen stellt Wolfgang Graf Spee, Sprecher der Initiative für Mitmenschlichkeit. Auch die einheimische Bevölkerung habe wohl kaum Verständnis für die drohende Abschiebung. Das Bündis ruft dazu auf, in diesem und "in vielen ähnlich gelagerten Fällen" humanitäre und auf wohlbegründeten Gewissensentscheidungen basierende Gesichtspunkte zum Tragen kommen zu lassen, statt in einem solchen Verfahren ausschließlich den Rechtsweg zu favorisieren. Angesagt sei klug-flexibles Einlenken und nicht stures Beharren auf Prinzipien. Eine humanitär angelegte Entscheidung zu Gunsten der Betroffenen wäre nach Meinung des Bündnisses nicht nur richtig, sondern würde auch die Bürgerschaft überzeugen, die am Schicksal dieser Menschen Anteil nehme. Die drohende Entwurzelung der Familie Saygili aus ihrer hiesigen Heimat sei nicht nachvollziehbar. Zudem begründe die Genfer Flüchtlingskonvention, der alle Mitglieder der europäischen Union beigetreten sind, den individuellen Anspruch auf Schutzgewährung: Niemand dürfe in ein Land abgeschoben werden, in dem ihm Folter, Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit drohen. Und erst kürzlich seien Verwandte der Familie Saygili in der Türkei festgenommen und inhaftiert worden. |