AFP-Journal, 19.11.1999 Europarat alarmiert über Gewalt in Haftanstalten - Europäisches Anti-Folter-Komitee zehn Jahre alt Alarmiert über die wachsende Gewalt in Gefängnissen überall in der Welt haben sich Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes und des Europarats geäußert. Im Strafvollzug sei Brutalität an der Tagesordnung, sagte der Präsident des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK), Cornelio Sommaruga, bei einer Tagung zum zehnjährigen Bestehen des Europäischen Anti-Folter-Komitees am Freitag in Straßburg. Der Vorsitzende dieses Komitees, Ivan Zakine, verwies auf die Überbelegung zahlreicher Haftanstalten. In manchen Zellen seien mehr als 20 Häftlinge auf 15 Quadratmetern zusammengepfercht, betonte der Franzose. Solche Haftbedingungen seien als Misshandlung einzustufen. Geradezu "verheerend" seien die Zustände in osteuropäischen Haftanstalten, wo Hunger und Krankheiten grassierten. Sommaruga zog vor den rund 300 Tagungsteilnehmern ein düsteres Bild der Lage. Drogen und Gewalt beherrschten in zahlreichen Gefängnissen den Alltag der Häftlinge; Minderjährige würden zu "Sex-Sklaven" degradiert, berichtete er. Das IKRK stelle bei seinen Inspektionen auch immer häufiger fest, dass Häftlinge an Hunger, Aids, Tuberkulose und anderen ansteckenden Krankheiten sterben. In vielen Ländern habe der Strafvollzug versagt. Einer in Straßburg veröffentlichten Bilanz zufolge hat das Komitee bisher 93 Visiten in den 40 Europaratsländern vorgenommen, die das Anti-Folter-Abkommen unterzeichnet haben. In sieben dieser Staaten wurden besonders schwere Fälle von Folter festgestellt - in der Türkei, auf Zypern, in Spanien, Bulgarien, Griechenland, Portugal und auf den niederländischen Antillen. Den Berichten zufolge wurden Festgenommene mit Elektroschocks oder Stockschlägen auf die Fußsohlen traktiert, mit Plastiktüten fast erstickt, mit dem Kopf in kaltes Wasser getaucht oder stundenlang an Armen und Füßen aufgehängt. "Zahlreiche Beschwerden" über Misshandlungen hörten die Europaratsexperten unter anderem in Belgien, Großbritannien, Frankreich, Österreich und der Schweiz. Nach zwei Visiten in der Bundesrepublik äußerte sich das Komitee kritisch zu der in manchen Gefängnissen praktizierten, oft Monate dauernden Isolationshaft. Beanstandet wurden auch unverhältnismäßige Gewalt bei einigen Polizeieinsätzen sowie die Bedingungen bei der Abschiebehaft von Ausländern, etwa auf dem Frankfurter Flughafen. (AFP) |