AFP, 23.11.1999

Zahl der Einbürgerungen 1998 deutlich gestiegen - Neues Recht ab 2000 könnte Vervielfachung bringen

Die Zahl der Einbürgerungen von Ausländern in Deutschland ist im vergangenen Jahr um deutlich mehr als ein Viertel gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte, bekamen 106.790 Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit. Das sind 23.877 oder 29 Prozent mehr als 1997. Nach Schätzung der Bundesausländerbeauftragten könnte sich mit dem ab 1. Januar 2000 geltenden, neuen Staatsbürgerschaftsrecht die Zahl der Einbürgerungen vervielfachen. Er sei "recht optimistisch", dass viele Ausländer die neuen Möglichkeiten nutzten, sagte der Sprecher der Ausländerbeauftragten, Bernd Knopf. Nach dem neuen Recht kann ein Anspruch auf Einbürgerung schon nach acht statt bisher 15 Jahren Aufenthalt in Deutschland bestehen. Nach Angaben Knopfs leben etwa vier der insgesamt 7,3 Millionen Ausländer schon mehr als acht Jahre in Deutschland. Zudem können die Eltern von 700.000 in Deutschland geborenen Kindern unter zehn Jahren einen Antrag auf die deutsche Staatsangehörigkeit stellen. Er gehe davon aus, dass weit über die Hälfte diese Möglichkeit nutzen werde, sagte Knopf. Zudem erhalten künftig jährlich Zehntausende in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern neben der Staatsbürgerschaft der Eltern automatisch auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre Zahl wird auf zwischen 50.000 und 100.000 geschätzt. Bis zum 23. Lebensjahr müssen sie sich dann für einen der beiden Pässe entscheiden.

Von den 1998 in Deutschland eingebürgerten Ausländern hatte gut die Hälfte nach Angaben des Statistischen Bundesamts einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung. Zu den Voraussetzungen für einen solchen Rechtsanspruch gehören unter anderem ein achtjähriger Aufenthalt in der Bundesrepublik sowie ein sechsjähriger Schulbesuch im Bundesgebiet. Die übrigen Ausländer wurden auf dem Ermessenswege eingebürgert. Eine Einbürgerung auf diesem Wege ist unter anderem dann möglich, wenn der Ausländer seit mindestens zehn Jahren in Deutschland lebt oder es sich um den ausländischen Ehegatten eines Deutschen handelt; im letzeren Fall genügen zwei bis fünf Jahre Aufenthalt.

Mehr als die Hälfte der 1998 eingebürgerten Ausländer kam nach Angaben der Wiesbadener Statistiker aus der Türkei (knapp 60.000 oder 56 Prozent). Die zweitgrößte Gruppe waren 6346 Menschen aus Rumänien, gefolgt von 5685 Marokkanern und 3908 Vietnamesen.

(AFP)