Hamburger Abendblatt, 25.11.1999 "Ich stehe zwischen zwei Kulturen" Die familiären Hintergründe einer Flucht Seit einigen Wochen haben wir eine neue Mitschülerin in unserer Klasse, sie kommt aus der Türkei (Mardin-Derik). Mich interessierten ihre Beweggründe, warum sie aus der Türkei nach Deutschland gekommen ist. Darum habe ich mich mit ihr getroffen und sie ein bisschen interviewt. "Sie hätten uns umgebracht, wenn wir sie nicht in unser Haus hereingelassen hätten", sagt die 16 Jahre alte K. D. Sie hätten aus der Türkei fliehen müssen, da sie politisch verfolgt worden seien. Die türkische Polizei habe geglaubt, dass K. D. und ihre Familie Kurden in ihrem Haus versteckt hätten. So flog die Familie erst einmal nach Köln, um dort Asyl zu beantragen. Sie bekamen dann ein Zimmer auf einem Asylantenschiff in Altona, von dort nach drei Monaten eine Wohnung in Langenhorn. Dann kam K. D. für anderthalb Jahre in eine Ausländerklasse am Fortkamp. Dort lernte sie Deutsch und Englisch. Danach besuchte sie die Realschulübergangsklasse in Wandsbek für ein halbes Jahr, und anschließend wechselte sie noch ein paarmal die Gesamtschulen. Auf die Frage, ob sie sich hier in Deutschland schon eingelebt hätte, sagte sie: "Ich stehe zwischen zwei Kulturen." Einerseits möchte sie sich ihren deutschen Freunden und der deutschen Kultur anpassen, aber andererseits ist da auch ihre Familie, die sie türkisch erzieht und auf gar keinen Fall möchte, dass sie sich den Deutschen zu sehr anpasst. Sie hat hier in Deutschland nicht mehr so viel Angst um ihre Familie. Für die Zukunft wünscht sie, einen Beruf zu erlernen, zum Beispiel Arzthelferin und so unabhängig zu leben, dass sie nicht zwangsweise mit einem türkischen Mann verheiratet wird Ich wünsche Dir viel Glück! Joana Rann, 10 B Fritz-Schumacher-Gesamtschule
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