Die Presse, Wien 26.11.1999 Strenge mit der Türkei VON ANDREAS SCHWARZ DIE "PRESSE"-MEINUNG Die Bestätigung des Todesurteils für Kurdenführer Abdullah Öcalan kommt nicht überraschend. Der gedämpfte Aufschrei des Protests da und dort in Europa auch nicht - denn man rechnet wohl, daß die Türkei den Triumph über die Kurden zwar noch ein Zeiterl auskostet, dann aber die Todesstrafe doch nicht vollzieht; und man hat erkannt, daß mit belehrendem Druck in Ankara nichts auszurichten ist. Umso überraschender kommt die Stellungnahme der EU-Kommission: Ohne Abschaffung der Todesstrafe - die in der Türkei übrigens, anders als zum Beispiel in den USA, seit Jahren nicht mehr vollzogen wird - könne ein EU-Beitritt der Türkei nie und nimmer erfolgen. Vor dem EU-Gipfel in Helsinki, wo Ankara zum Kandidaten werden soll, ist das eine strenge Ansage, die da plötzlich im Mittelpunkt steht und an den wahren Problemen mit der Türkei (Menschenrechte, Kurden-Frage, Zypern etc.) eigentlich vorbeigeht.
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