Tagesspiegel, 3.12.99 Einbürgerung wird erschwert Ausländern, die einen deutschen Pass erhalten möchten, droht die Überprüfung durch den Verfassungsschutz Jeanette Goddar Wer in Berlin Deutscher werden möchte, muss ab 2000 damit rechnen, zuvor vom Verfassungsschutz überprüft zu werden. Zwar stehe eine offizielle Entscheidung noch aus, sagte die Sprecherin der Innenverwaltung, Isabelle Kalbitzer. Man wolle aber "auf jeden Fall alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Einbürgerung von Verfassungsfeinden zu verhindern". Die am Dienstag von den Innenministern beschlossenen Verwaltungsrichtlinien zum neuen Staatsangehörigkeitsrecht überlassen es den Ländern, eine Regelanfrage vorzunehmen. Bisher wird der Verfassungsschutz nur bei "Ermessenseinbürgerungen", nicht aber bei "Anspruchseinbürgerungen" angeschrieben. In Brandenburg wird es laut Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) keine Regelanfrage beim Verfassungsschutz geben. Sowohl die Bündnisgrünen als auch die PDS lehnen eine regelmäßige Überprüfung ab. "Menschen, die bis zu 40 Jahren hier leben, überprüfen zu lassen, kommt einer Kriminalisierung sehr nah", sagte Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus. Als "starkes Stück" bezeichnete die PDS-Fraktionsvorsitzende Carola Freundl die geplante Regelanfrage. Mit heftiger Kritik reagierte der Türkische Bund Berlin-Brandenburg. "Das schlägt dem Fass den Boden aus", sagte Sprecherin Eren Ünsal, "so werden Migranten zu potenziellen Verfassungsfeinden gemacht." Vorläufige Ausführungsvorschriften für das neue Staatsbürgerschaftsrecht will die Innenverwaltung den Bezirksämtern am 15. Dezember vorlegen; die endgültigen Vorschriften sollen nach der Absegnung durch den Bundesrat im kommendem Jahr folgen. Die Richtlinien, auf die sich Bund und Länder geeinigt haben, lassen den Ländern viel Spielraum: Der Bewerber solle sich "in seiner Umgebung sprachlich zurechtfinden" und einen "deutschsprachigen Text des alltäglichen Lebens" lesen, verstehen und wiedergeben können. Kalbitzer kündigte an, die Sprachkenntnisse "in der Regel durch ein Zertifikat der Volkshochschulen" attestieren zu lassen. Damit folgt die Innenverwaltung einem Vorschlag der Ausländerbeauftragten Barbara John, die verhindern will, dass "lauter selbst ernannte Germanisten" die geforderten Kenntnisse überprüfen. |