fr, 3.12. Zwei "Exzellenzen" in New York UN-Chef Kofi Annan will im Zypern-Konflikt vermitteln Von Gerd Höhler Nach zwei Jahren Funkstille beginnen am Freitag in New York "Annäherungsgespräche" zwischen den Griechen und Türken Zyperns. Eine Wiedervereinigung der geteilten Insel ist aber nicht in Sicht. Eigentlich wollte Rauf Denktasch, Chef der türkischen Volksgruppe auf Zypern, gar nicht nach New York fliegen. Denn die Einladungen, die Kofi Annan vor drei Wochen an die politischen Führer verschickte, waren nicht nach dem Geschmack des Inseltürken. Während dessen Gegenspieler, der Grieche Glafkos Klerides, als Staatschef der völkerrechtlich anerkannten Republik Zypern nach New York eingeladen wurde, sollte sich der türkische Volksgruppenführer mit der Anrede "Mr. Denktasch" begnügen. Doch er ist nach eigenem Anspruch "Präsident" der 1983 von ihm einseitig ausgerufenen "Türkischen Republik Nordzypern", die allerdings nur von der Türkei völkerrechtlich anerkannt wird. Denktasch setzte durch, dass die Einladungen neu geschrieben wurden. Nun firmieren beide Kontrahenten scheinbar gleichberechtigt als "Exzellenzen". Der Streit lässt ahnen, wie schwierig sich die "Annäherungsgespräche" gestalten werden. In die Verlegenheit, Klerides die Hand schütteln zu müssen, wird Denktasch kaum kommen. Vielmehr wollen Annan und seine Diplomaten zwischen den in getrennten Räumlichkeiten ausharrenden Kontrahenten hin und her pendeln, um "die Grundlagen sinnvoller Verhandlungen über eine umfassende Lösung der Zypernfrage vorzubereiten". Doch diese Lösung liegt in weiter Ferne. Und sicher ist: eine Wiedervereinigung im echten Sinne des Wortes wird es nicht geben. Zypern ist geteilt, seit türkische Truppen im Sommer 1974 den Norden der Insel besetzten. Mit der vom damaligen und heutigen türkischen Premier Bülent Ecevit befohlenen Invasion reagierte Ankara auf den Versuch der seinerzeit in Athen regierenden Obristenjunta, das zu 80 Prozent von Griechen besiedelte Zypern zu annektieren und die türkische Minderheit, 18 Prozent der Bevölkerung, zu vertreiben. Seither verläuft quer durch Zypern eine 180 Kilometer lange Demarkationslinie, gespickt mit Panzersperren, Stacheldraht, Minenfeldern,Wachtürmen. Zur Diskussion steht nun eine neue Verfassungsordnung. Nach den Vorstellungen der Griechen soll das künftige Zypern ein Bundesstaat sein, dessen beide Kantone, die griechische und die türkische Zone, bestimmte Selbstverwaltungsrechte haben. Die türkischen Zyprer dagegen, vertreten durch Denktasch, fordern eine lockere Konföderation zweier im Grunde unabhängiger Staaten. Strittig sind bisher auch eine Reihe wichtiger Grundsatzfragen: welche Kompetenzen soll die künftige Zentralregierung haben, welches Maß an Autonomie Inselgriechen und Zyperntürken? Wird es Freizügigkeit für beide Volksgruppen im jeweils anderen Teil der Insel geben? Können die von den türkischen Invasionstruppen aus dem Norden vertriebenen 180 000 Inselgriechen ihre Besitztümer zurückfordern? Was soll aus den rund 35 000 türkischen Soldaten werden, die in Nordzypern stationiert sind, und den mehr als 50 000 Siedlern vom türkischen Festland, die Denktasch in seine "Republik" holte? Dass die am Freitag beginnenden Annäherungsgespräche schnell Lösungen produzieren, ist nicht zu erwarten. Denktasch und die Regierung in Ankara werden zunächst abwarten wollen, ob die Türkei beim EU-Gipfel in Helsinki die Weihen eines Beitrittskandidaten erhält. Doch selbst dann will Denktasch nicht in direkte Verhandlungen mit den Inselgriechen eintreten. Reden will er erst, wenn die zuvor die "Türkische Republik Nordzypern" anerkennen. Damit wäre sein Ziel, die Inselteilung festzuschreiben, erreicht. |