yahoo, 8. Dezember 1999, 12:48 Uhr Scharfe Sicherheitskontrollen bei Prozess gegen Kurden Anklage wegen Geiselnahme, schweren Land- und Hausfriedensbruchs - Verzögerungen im Leipziger Landgericht Leipzig (AP) Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat am Mittwoch in Leipzig der Prozess gegen die mutmaßlichen kurdischen Rädelsführer der Besetzung des griechischen Generalkonsulates vom Februar begonnen. Die Staatsanwaltschaft wirft den sechs Männern und einer Frau im Alter zwischen 21 und 36 Jahren gemeinschaftliche Geiselnahme, schweren Landfriedensbruch und schweren Hausfriedensbruch vor. Kurz nach Prozessbeginn im Leipziger Landgericht zeigten im Saal anwesende Kurden das Victory-Zeichen. Noch vor Verlesung der Anklageschrift kam es zu stundenlangen Verzögerungen, da einer der Kurden seinen türkisch sprechenden Dolmetscher nicht verstand. Ein anderer musste von einem Amtsarzt untersucht werden, da er sich einen Tag zuvor am Fuß verletzt hatte und sich deshalb weigerte, Fußfesseln zu tragen. Zudem wollten die Verteidiger die Zusammensetzung des Gerichts prüfen lassen. Am 16. Februar dieses Jahres waren insgesamt 73 Kurden aus Protest gegen die Festnahme von PKK-Chef Abdullah Öcalan in Kenia gewaltsam in das Leipziger Konsulat eingedrungen und hatten drei Mitarbeiter eines Steuerbüros als Geiseln genommen. Nach zehn Stunden und mehreren erfolglosen Verhandlungsversuchen der Polizei mit den Eindringlingen stürmte ein Sondereinsatzkommando das Gebäude und befreite die Geiseln ohne Blutvergießen. Das Konsulat wurde während der Besetzung nahezu komplett verwüstet. Allein für die Geiselnahme drohen den Angeklagten nach Angaben der Staatsanwaltschaft bis zu 15 Jahre Haft. Rund um und im Gerichtssaal waren aus Sicherheitsgründen mehr als 60 uniformierte Polizeibeamte mit Hunden sowie 20 Kriminalisten in Zivil abgestellt worden. Auf dem Platz vor dem Gerichtsgebäude standen Wasserwerfer. Jeder Prozessbeteiligte musste vor dem Betreten des Saales umfangreiche Sicherheitskontrollen durchlaufen. Das Urteil in diesem Prozess, für den 12 Verhandlungstage angesetzt sind, wird nicht vor Januar erwartet. Am 22. Juni hatte vor dem Amtsgericht Leipzig eine Prozessserie gegen insgesamt 66 kurdische Konsulatsbesetzer begonnen. Sie galten jedoch nicht als Schlüsselfiguren der Geiselnahme und wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Im April hatte die Polizei in Berlin einen PKK-Funktionär festgenommen, der die Konsulatsbesetzung von Leipzig angeordnet und telefonisch überwacht haben soll. Die Staatsanwaltschaft hat die Anklageschrift gegen den 31-Jährigen beim Landgericht Dresden eingereicht.
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