Darmstadt Echo, 11.12.1999 "Zellen auf den Kopf gestellt" Mehrstündige Durchsuchungsaktion im Eberstädter Gefängnis (wh). Die knapp 650 Inhaftierten des Eberstädter Gefängnisses hatten am Mittwoch unerwarteten Besuch. Von 13 bis 18 Uhr war die Justizvollzugsanstalt Schauplatz einer Durchsuchungsaktion, an der sich nach Angaben des hessischen Justizministeriums rund zweihundert Polizisten, sechzig Vollzugsbeamte und zwölf Rauschgiftsuchhunde beteiligten. Ziel der Aktion war es, verbotene Gegenstände sicherzustellen und somit die Sicherheit zu erhöhen. Wie Ministeriumssprecher Martin W. Huff gestern sagte, stellten die Beamten einige Messer, Haschischpfeifen, geringe Mengen Haschisch, selbst gefertigte Schlagwerkzeuge und Medikamente sicher, zudem eine Fahne der verbotenen Kurdenbewegung PKK. Der Einsatz sei "ruhig und gelassen" abgelaufen. Der Leiter des Gefängnisses, Richard Bickler, sagte, die Funde - etwa siebzig an der Zahl - seien "nicht problematisch". Er sei froh, dass diese auch aus seiner Sicht notwendige Aktion ein recht zufriedenstellendes Ergebnis gebracht habe. Es sei bemerkenswert, dass der Einsatz beispielsweise kein einziges Handy zutage gefördert habe. Andererseits sei manche Zelle "säckeweise entrümpelt" worden. "Die Zellen sind auf den Kopf gestellt worden", sagte Bickler, ebenso die Arbeits- und Freizeiträume. Seinen Angaben zufolge war sogar die Kanalisation abgesiebt worden, um zu verhindern, dass dieses oder jenes unterirdisch verschwindet. Als Folge der Durchsuchung will Bickler bei vielen Häftlingen "eine Missstimmung" erkannt haben, die man nun in den Griff bekommen müsse. Das Eberstädter Gefängnis war erstmals mit diesem Aufwand durchsucht worden. Bisher galten derartige Aktionen Justizvollzugsanstalten der Sicherheitsstufe eins, etwa Butzbach oder Weiterstadt (im Mai dieses Jahres). Das Eberstädter Gefängnis gehört zur Sicherheitsstufe zwei. Einer Pressemitteilung zufolge sagte Justizminister Dr. Christean Wagner, solche Aktionen ohne Vorwarnung und ohne konkreten Anhaltspunkt seien dringend notwendig, "damit sich die Gefangenen nicht in Sicherheit wiegen können, verbotene Gegenstände könnten gefahrlos hergestellt oder aufbewahrt werden". Diese Durchsuchungen ergänzen wirkungsvoll die regelmäßigen Kontrollen des Anstaltspersonals. Wagner: "Damit will ich für die Sicherheit der Gefangenen und Bediensteten der Anstalt, aber auch der Bevölkerung sorgen." Von den am Mittwoch kontrollierten 637 Gefangenen sind rund zwei Drittel verurteilte Straftäter und ein Drittel Untersuchungshäftlinge.
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