Die Welt, 11.12.1999 Gipfel in Helsinki beschließt Ausdehnung der Beitrittsverhandlungen - Ankara erhält Kandidatenstatus - Kritik von Schäuble Helsinki - Die Staats- und Regierungschefs der EU haben die Türkei offiziell in den Kandidatenkreis für die Erweiterung der Union aufgenommen. Im Gegenzug wurden beim EU-Gipfel in Helsinki der griechischen Regierung erhebliche Zugeständnisse wegen eines Beitritts Zyperns gemacht. Demnach ist eine politische Lösung des Konflikts zwischen Griechen und Türken auf der Insel nicht mehr länger Voraussetzung für den Beitritt Zyperns zur EU. Seit dem Einmarsch türkischer Truppen im Jahr 1974 ist die Insel geteilt. Athen hatte bis zum Schluss Bedenken gegen den Kandidatenstatus für die Türkei geäußert. Die Türkei reagierte auf das Angebot der EU verhalten. Die Aufnahmebedingungen seien nicht akzeptabel. Der außenpolitische Koordinator der EU, Javier Solana, reiste noch am Freitag Abend zu Gesprächen nach Ankara. Gleichzeitig gab der Gipfel den Startschuss für Beitrittsverhandlungen mit sechs weiteren Ländern. Nach Polen, Ungarn, Tschechien, Slowenien, Zypern und Estland soll nun von Januar an auch mit Lettland, Litauen, Rumänien, Bulgarien, der Slowakei und Malta über den EU-Beitritt verhandelt werden. Bundesaußenminister Joschka Fischer äußerte sich zufrieden darüber, dass es künftig keinen diskriminierenden Sonderstatus für die Türkei mehr geben werde. "Wir haben den entscheidenden Schritt getan", sagte Fischer in Helsinki. Ausdrücklich lobte er die griechische Regierung, die sich "sehr verantwortlich verhalten" habe. CDU-Chef Wolfgang Schäuble kritisierte den Türkei-Beschluss des EU-Gipfels. Es sei sehr problematisch, gegenüber der Türkei falsche Erwartungen zu wecken, die auf längere Sicht nicht erfüllt werden könnten, sagte Schäuble der WELT: "Die Enttäuschungen und Frustrationen in der Türkei werden dann umso größer sein." Überschattet wurde der Erweiterungsgipfel in Helsinki vom Streit über das gemeinsame Steuerpaket der EU und von den Auseinandersetzungen zwischen London und Paris um das Importverbot für britisches Rindfleisch. Die EU-Kommission kündigte an, am kommenden Dienstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die französische Regierung einzuleiten. Paris hatte unmittelbar vor dem Treffen in Helsinki beschlossen, das Importverbot für "british beef" aufrechtzuerhalten, obwohl die Kommission die Aufhebung des Banns bereits im August beschlossen hatte. Der Regierung Lionel Jospin droht damit ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Bemühungen, eine EU-weite Zinsertragsteuer einzuführen, sind in Helsinki gescheitert.e.a.a./mdl./nik./ped/
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