taz, 14.12.1999 LeserInnenbrief Mit der EU argumentierte auch Herr Kanther betr.: "Die grünen Kasper", "Bürger wird, wer das lesen kann", "Man muss Schily unterstützen", taz vom 3. 12. 99, "Das Recht auf Gnade", taz vom 7. 12. 99 [...] Hier wird eine Debatte aus dem Hut gezaubert, die es vonseiten der mit der Asylpolitik befassten Organisationen nicht gibt und die sich zumindest kurzfristig durch die Ablehnung der Grünen und Teilen der SPD schon von selbst erledigt hatte. Zwar setzen sich die NGOs im Asylbereich ebenso wie die Grünen schon seit langem für die vollständige Umsetzung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ein, vor allem was die Berücksichtigung der nichtstaatlichen Verfolgung als Asylgrund betrifft. Niemand kommt deswegen allerdings wie die zwei von der taz als Kronzeugen aufgespürten Wissenschaftler/innen auf die abenteuerliche Idee, den Schutz und die Rechtswegegarantie nach Art. 16 und 19 zur Disposition zu stellen. Außer Frau Tönnies käme wohl auch niemand auf den absurden Gedanken, mit dem Holocaust für die vollständige Abschaffung des Grundrechts auf Asyl zu plädieren, oder wie Herr Schymik mit der unzureichenden Altfallregelung für die Wirksamkeit der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK). Wer auf die EU setzt, wenn es darum geht, den Schutz für Flüchtlinge auszuweiten, schürt Illusionen. Denn innerhalb der Europäischen Union selbst wird kräftig an der GFK gesägt: Im letzten Jahr legte die österreichische Ratspräsidentschaft ein Strategiepapier (das mittlerweile in einer überarbeiteten Form als Grundlage der EU-Flüchtlingspolitik akzeptiert wurde) vor, das die nichtstaatliche Verfolgung, sprich: die Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, als Asylgrund aus der Genfer Konvention ausklammern will. Mit der Europäischen Union hat schon Herr Kanther gerne argumentiert, wenn es um die Einschränkung des Asylrechts ging. Was heute im Grundgesetz unter Art. 16 steht - die "offensichtlich unbegründeten Asylanträge",die "sicheren Drittstaaten" und die "sicheren Herkunftsländer" - wurde unter kräftiger deutscher Beteiligung zuerst auf EU-Ebene installiert. Es deutet nichts darauf hin, dass mit der Europäischen Union quasi wie von selbst ein Asylrecht auf Basis der GFK entstehen würde, das mehr Flüchtlingen einen umfassenderen Schutz gewähren würde - im Gegenteil. Im Moment bastelt die EU-Kommission an einer Harmonisierung des Asylverfahrens, bei der auch das UNHCR die Gefahr sieht, dass es zu einer Harmonisierung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner kommt. [...] Petra Hanf, Sprecher der grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Flüchtlinge und ImmigrantInnen, Bernd Parusel, Sprecher der Grünen Landesarbeitsgemeinschaft Flüchtlinge und ImmigrantInnen, Berlin
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