yahoo, 13. Dezember 1999, 20:15 Uhr Geteilte Reaktionen auf türkische Beitrittskandidatur Nach der Aufnahme der Türkei als EU-Beitrittskandidat werden auch im Land selber immer mehr kritische Stimmen laut. Nach anfänglichem Jubel beklagten Pressestimmen, dass der Preis für eine Aufnahme zu hoch sei. Die EU verlange in fast allen Bereichen Zugeständnisse von der Türkei, die mit dem Druckmittel der Kandidatur erreicht werden sollten, schrieb die türkische Zeitung Milli Gazete. Der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit hatte der Kandidatur zögernd zugestimmt und sich auf dem Gipfel in Helsinki bereiterklärt, die Todesstrafe schnellstens abzuschaffen. Auch im Nachbarstaat Griechenland halten sich positive und negative Reaktionen die Waage. Während konservative Kräfte von einer bedeutsamen und gefahrvollen Kursveränderung sprechen, bezeichnete der griechische Präsident Konstantinos Simitis die Kandidatur als sehr positiv. Mit dem Beschluss von Helsinki könne eine friedliche Lösung der Probleme zwischen der Türkei und Griechenland erreicht werden. Die griechische Regierung hatte der Kandidatur zugestimmt, nachdem die Wiedervereinigung Zyperns nicht mehr Vorbedingung einer EU-Aufnahme war. In Deutschland stößt die Öffnung der EU für die Türkei bei der Opposition auf Unverständnis. Der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sprach von einer krassen Fehlentscheidung. Die EU-Entscheidung wecke unrealistische Erwartungen auf einen baldigen Beginn von Beitrittsverhandlungen. FDP-Politiker warfen den EU-Regierungschefs eine verlogene Außenpolitik vor. EU-Kommissar Günter Verheugen verteidigte die Kandidatur. Er sei zuversichtlich, dass es nun Fortschritte in der Frage der Menschenrechte und des Zypern-Konflikts geben werde. Verheugen betonte, dass es keine weiteren zusagen an Ankara geben werde. Bundeskanzler Schröder nannte die Entscheidung, der Türkei den Status eines Beitrittskandidaten zu verleihen, wichtig, um die inneren Reformen in dem Land voran zu bringen. Die griechische Regierung habe einen wesentlichen Beitrag geleistet.
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