Leipziger Volkszeitung, 15.12 .1999 Kurden-Prozess: Mutmaßliche Rädelsführer schweigen Befangenheitsantrag gegen Richter abgelehnt / Streit um Zuständigkeit des Landgerichtes Leipzig Die mutmaßlichen Rädelsführer bei der Besetzung des griechischen Konsulats vor zehn Monaten in Leipzig wollen im Prozess vorerst gar nichts sagen. Nichts Näheres zu ihrer Person und auch kein Wort zu den Vorwürfen. Das erklärten die sieben Angeklagten kurdischer Volkszugehörigkeit, darunter eine Frau, gestern vor dem Landgericht. Nach dem Hickhack zum Verfahrensauftakt vorige Woche (die LVZ berichtete) lieferten sich die Prozess-Beteiligten gestern zunächst erneut heftige Wortgefechte. Knapp eine Stunde nach Beginn kam es dann aber doch zur Verlesung der Anklageschrift. Laut Oberstaatsanwalt Norbert Röger sollen die sieben Angeklagten mit 66 weiteren Kurden als Reaktion auf die Ergreifung von PKK-Führer Abdullah Öcalan das Konsulat in der Kommandant-Trufanow-Straße am 16. Februar 1999 besetzt haben. Die Sieben hätten dann drei Geiseln im Haus genommen, um die Polizei vom Sturm auf das Gebäude abzuhalten. "Sie ließen den Beamten mitteilen, dass die Geiseln im Falle einer Erstürmung mit Benzin übergossen und angezündet werden", so Röger. Zur Unterstreichung dieser Drohung seien Brandsätze am Fenster gezeigt worden. Die drei Mitarbeiter einer Steuerkanzlei - zwei Frauen und ein Mann - konnten jedoch nach zehn Stunden von einem Spezialeinsatzkommando unverletzt befreit werden. In dem Gebäude war ein Sachschaden von 95.000 Mark angerichtet worden. Im Verlaufe des gestrigen Prozess-Tages lehnte das Landgericht einen Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen zwei Richter als "unbegründet" ab. Es lägen keine groben Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze vor, hieß es unter anderem zur Begründung. Heftigen Streit gibt es noch darüber, ob anstelle des Landgerichtes Leipzig nicht eher Chemnitz für den Fall zuständig ist, da sich unter den Angeklagten eine Frau befindet. Für den Prozess sind bis Ende Januar noch mehrere Verhandlungstage anberaumt. Fortsetzung am Dienstag. S. Kreuz
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