Frankfurter Rundschau, 18.12.1999 Bayern plant Einbürgerungen nach eigenen Regeln Bundesweiten Kompromiss zur Umsetzung des Staatsangehörigkeitsrechts abgelehnt Von Vera Gaserow BERLIN, 17. Dezember. Bayern will bei der Umsetzung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts einen Sonderweg gehen. Innenminister Günther Beckstein (CSU) kündigte am Donnerstag an, Bayern werde das neue Recht nach seinen eigenen Verwaltungsvorschriften umsetzen. Eine nach monatelangen Verhandlungen am 30. November erzielte Einigung über bundeseinheitliche Verwaltungsvorschriften lehnt Bayern nun überraschend ab. Der in dieser Woche vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf weiche an zahlreichen Stellen vom vereinbarten Kompromiss ab, begründet Bayern sein Ausscheren. Der Regierungsentwurf eröffne neue Spielräume für die Zulassung der Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung. Konkrete Anhaltspunkte dafür nennt Bayern aber nicht. Im Bundesinnenministerium war man vom bayerischen Ausscheren offenbar überrascht, denn Bayern hatte bei den Bund-Länder-Verhandlungen am Tisch gesessen und sich an etlichen Punkten mit seinen Forderungen durchgesetzt. So wurden auf Drängen Bayerns die Anforderungen an die Sprachkenntnisse der Einbürgerungswilligen erhöht und es wurde den Ländern freigestellt, Anwärter auf einen deutschen Pass vom Verfassungsschutz überprüfen zu lassen. "Der Sack war eigentlich zu", reagierte die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), verärgert über das bayerische Ausscheren, "das ist schon ein erstaunlicher Vorgang". Die Verwaltungsvorschriften zum neuen Staatsangehörigkeitsrecht sollen im Januar in den Bundesrat eingebracht werden. Auch ohne die Stimmen Bayerns wäre dort eine Mehrheit sicher, wenn nicht noch andere Unionsländer mit Nein votieren. Die Regelung könnte dann im März in Kraft treten, auch Bayern wäre daran gebunden. Beckstein hat jedoch bereits rechtliche Bedenken gegen die Vorschriften angekündigt, so dass der Bund den Freistaat eventuell per Gerichtsbeschluss zur Einhaltung der Vorschriften zwingen müsste.
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