Frankfurter Rundschau, 20.12.1999 Türkei: Premier Ecevit will Ausnahmezustand beenden öhl ATHEN, 19. Dezember. Der türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit hat in Aussicht gestellt, dass der seit zwölf Jahren in den überwiegend kurdisch besiedelten Südostprovinzen geltende Ausnahmezustand bald aufgehoben wird. Die Streitkräfte hätten in der Region "ein großes Maß an Ruhe" herbeigeführt, sagte Ecevit am Samstag der Nachrichtenagentur Anadolu. "Ich hoffe, der Ausnahmezustand kann bald beendet werden." Der Ausnahmezustand, unter dem die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit sowie die Rechte Festgenommer stark eingeschränkt und die Kompetenzen der Provinzgouverneure, der Polizei und des Militärs erheblich ausgeweitet sind, löste 1987 in 13 Südostprovinzen das dort seit dem Dezember 1978 geltende Kriegsrecht ab. Während der vergangenen Jahre wurde der Ausnahmezustand nach und nach in acht der 13 Provinzen beendet und gilt nun noch in fünf. Über seine Aufhebung entscheidet formal das Parlament, de facto jedoch der vom Militär dominierte Nationale Sicherheitsrat. Ecevits jüngste Ankündigung ist ein weiteres Indiz, dass einige Politiker in Ankara über neue Ansätze in der Kurdenpolitik nachdenken. Kurz nachdem die Türkei in Helsinki den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten hatte, sprach sich Außenminister Ismail Cem für eine Aufhebung des kurdischen Sprachverbots in den Medien aus. Ebenfalls vergangene Woche kamen führende Politiker der Mutterlandspartei (Anap) zu einer Regionalkonferenz in der Kurdenmetropole Diyarbakir zusammen. Die Anap ist an der Dreierkoalition in Ankara beteiligt. In einer nach der Konferenz veröffentlichten Erklärung hieß es, "Hindernisse, die Grundrechten und Freiheiten im Wege stehen, müssen ausgeräumt werden". Die Entschließung erwähnte zwar die Kurdenfrage nicht ausdrücklich, aus dem Tagungsort Diyarbakir aber lässt sich ein solcher Bezug herleiten.
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