Sindelfinger,Böblinger Zeitung Kommentar: Kasse und Gewissen VON BERND STADELMANN, Berlin Die Grünen frohlocken - die Menschenrechte haben obsiegt. Nun auch beim Rüstungsexport. Angeblich, so teilt Verteidigungsexpertin Angelika Beer mit, ist jede Bestimmung, jeder Absatz im neuen rot-grünen Dokument an die Menschenrechtsfrage gebunden. Was aber bedeutet das? Darf man davon ausgehen, dass Waffenexporte in die Dritte Welt, in der es um Demokratie und humanitäre Prinzipien ja eher schlechter bestellt ist, künftig unterbleiben? Also: Kein U-Boot mehr an Indonesien? Keine Gewehre mehr an Pakistan? Oder, ganz direkt gefragt: Keine Panzerlieferungen an die Türkei? Nichts dergleichen wird geschehen. Man mag das bedauern, aber die Zeiten, da wir im globalen Rüstungsgeschäft nur eine nachgeordnete Rolle spielten, sind vorbei. Nach den USA war Deutschland im vergangenen Jahr Rekordlieferant im weltweiten Waffenhandel, in diesem Jahr wird es kaum anders sein. Zwar steht der hehre Grundsatz, in Konfliktgebiete unter keinen Umständen Waffen zu liefern, nach wie vor auf dem Papier. Doch die Wirklichkeit hat ihn längst überholt. Geht es, wie beim letzten Golf-Krieg, um elementare Belange des Westens, so liefern wir - weil wir gar nicht anders können - am Ende doch: an Saudi-Arabien Panzer, an Israel Raketenabwehr-Waffen. Machen wir uns also nichts vor: Keine Klausel, auch nicht der Hinweis auf Menschenrechtsfragen, wird Kanzler Schröder dazu bewegen, vom milliardenschweren Panzergeschäft mit der Türkei Abstand zu nehmen, wenn es denn auf uns zurollen sollte. Im Zweifel greift das Hilfsargument, der Leopard sei in den kurdischen Bergen gar nicht einsetzbar. Dann stimmt sogar beides: Kasse und Gewissen.
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