Frankfurter Rundschau, 29.12.99 Straftätern droht Abschiebung Justizministerin: Ausländer sollen im Herkunftsland in Haft BERLIN, 28. Dezember (afp/dpa). Ausländische Häftlinge, die in deutschen Gefängnissen einsitzen, sollen nach dem Willen von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) künftig zur Strafverbüßung in ihr Heimatland abgeschoben werden. "Ich bin dafür, ausländische Häftlinge zum Strafvollzug nach Hause zu schicken", sagte Däubler-Gmelin der Bild-Zeitung vom Dienstag. Grüne Politiker widersprachen der Ministerin heftig. Voraussetzung für eine Abschiebung ist laut Däubler-Gmelin, dass es im Heimatland des Kriminellen "einen wirksamen und rechtsstaatlichen Strafvollzug gibt". Die deutschen Haftanstalten seien auch deshalb überfüllt, weil Ausländer und Spätaussiedler zu "Randgruppen" gehörten, die besonders oft zu Haftstrafen verurteilt würden. Die Ministerin plädierte dafür, einen Teil der langjährig inhaftierten Straftäter vorzeitig zu entlassen. Dies könne nur für diejenigen gelten, die "keine Gefahr für die Gesellschaft mehr darstellen". Hier sei gemeinnützige Arbeit "gerechter, besser und billiger". Von Haftstrafen verschont werden sollten Täter, die Geldstrafen nicht bezahlen können. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck (Grüne), widersprach Däubler-Gmelin. Ausländische Straftäter, die in Deutschland ihren Lebensmittelpunkt haben, dürften "nicht gegen ihren Willen an das Land ihrer Staatsangehörigkeit zur Strafverbüßung überstellt werden". Ausländische Staatsangehörige, die in Deutschland geboren worden seien oder sich schon lange dort aufhielten, seien "Teil unserer Gesellschaft", erklärte Beck. Im Blick auf die Konvention des Europarates zur Überstellung verurteilter Personen betonte Beck, die Konvention ziele auf eine Strafverbüßung "in der eigenen Gesellschaft". Eine Ratifikation des Ergänzungsprotokolls, das eine Strafvollstreckung auch gegen den Willen des Verurteilten im Land seiner Staatsangehörigkeit vorsehe, müsse sicherstellen, dass dies nicht für solche "Inländer mit ausländischem Pass" gelte. Der Grünen-Rechtspolitiker Volker Beck erklärte: "Eine Abschiebung von ausländischen Straftätern kann es nur in bestimmten Fällen unter engen Voraussetzungen geben." Die Abschiebung dürfe keine zusätzliche Strafe sein.
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