Frankfurter Rundschau, 30.12.1999 Kommentar Mehr Publicity als Politik Herta Däubler-Gmelin hätte klar sein müssen, dass sie mit ihrem Vorstoß zur Abschiebung ausländischer Straftäter ins Fahrwasser populistischer Vereinfacher gerät Von Vera Gaserow So etwas gehört zum Repertoire politischer Hinterbänkler: sich zu Wort melden, wenn garantiert alle anderen schweigen, eine Debatte anzetteln ohne praktische Konsequenzen, ein sensibles Thema lostreten und sich über den Beifall von der falschen Seite wundern. Nicht gerade ein Zeichen politischer Professionalität. Herta Däubler-Gmelin ist seit Jahren Profi und als Bundesjustizministerin alles andere als eine Hinterbänklerin. Ihr hätte klar sein müssen, dass sie mit ihrem Vorstoß zur Abschiebung ausländischer Straftäter ins Fahrwasser populistischer Vereinfacher gerät. Sicher, politische Vorschläge sind nicht allein deshalb falsch, weil rechte Hardliner sie als Reizthema pachten. Und niemand kann bestreiten, dass ausländische Straftäter für die Resozialisierungsbemühungen im Strafvollzug ein Dauerproblem darstellen. Aber wer hier Abhilfe schaffen will, muss durchdachte Konzepte vorlegen, und er muss die Debatte behutsam vorbereiten. Beides hat Herta Däubler-Gmelin nicht getan. Ohne Absprache mit dem Koalitionspartner und ohne Vorabsondierungen, wie rechtliche Regelungen konkret aussehen könnten, damit sie auch die richtigen treffen, hat die Justizministerin viel Publicity und wenig Politik gemacht. Dass von ihren Vorschlägen zur Entlastung des Strafvollzugs jetzt nur der Part wahrgenommen wird, der ausländische Straftäter betrifft - Däubler-Gmelin hätte es sich ausrechnen können, und vielleicht hat sie genau das getan: Den Strafvollzug wird der Vorstoß kaum entlasten, die Ministerin hingegen schon - vom politischen Dauerdruck der Länder und der Opposition. |