Badische Zeitung, 31.12.1999 Am 1. Januar 2000 tritt das neue Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft / Kein "Einbürgerungsboom" Bis zu vier Millionen werden Deutsche BERLIN (BZ/AFP). Von den 7,3 Millionen der in Deutschland lebenden Ausländer können vom 1. Januar 2000 an etwa 3,5 bis vier Millionen Deutsche werden. Hier die wichtigsten Punkte des neuen Staatsbürgerschaftsrechts: - Geburtsrecht: Ausschlaggebend ist nicht mehr die Nationalität der Eltern, sondern der Ort der Geburt. In Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern erhalten folglich automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Zugleich können sie aber auch die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern haben. Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft mit der Geburt ist allerdings, dass mindestens ein Elternteil dauerhaft in Deutschland lebt und eine gültige Aufenthaltserlaubnis besitzt. Ausländische Kinder, die noch nicht älter als zehn Jahre sind, erhalten die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend. - Doppel-Pass: Trotz der Doppel-Staatsbürgerschaft für Kinder gilt weiter der Grundsatz, dass der Doppel-Pass die Ausnahme bleiben soll. Bis zu ihrem 23. Geburtstag müssen sie sich deshalb für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden. Wer Deutscher bleiben will, muss die Aufgabe seiner zweiten Staatsbürgerschaft nachweisen. In Härtefällen kann ein Antrag auf eine "Beibehaltungsgenehmigung" für den deutschen Pass gestellt werden. - Einbürgerung: Erwachsene Ausländer werden auf Antrag eingebürgert, wenn sie seit mindestens acht Jahren mit gültiger Aufenthaltserlaubnis ständig in Deutschland leben. Bislang galt eine Frist von 15 Jahren. Die Antragsteller müssen Lebensunterhalt und Krankenversicherungsschutz für sich und ihre Familie aufbringen können. Die Einbürgerung setzt ausdrücklich Verfassungstreue, Sprachkenntnisse und Straflosigkeit voraus. Auch Ausländer, die unverschuldet von Sozialhilfe leben, können eingebürgert werden. - Doppel-Pass für Erwachsene: Sie müssen sich zwischen ihrem bisherigen und dem deutschen Pass entscheiden. Allerdings gibt es auch hier eine Härtefallregelung. Zudem können Kinder aus binationalen Ehen weiter auch als Erwachsene zwei Pässe haben. Allein die Zahl der türkischstämmigen Deutschen werde sich bis zum Jahr 2003 auf 900000 Menschen verdreifachen, schätzt das Zentrum für Türkei-Studien in Essen. Gleichwohl erwartet Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD) vom Bundesinnenministerium keinen Einbürgerungsboom: "Es wird eine langsam anschwellende Einbürgerungswelle geben, die durch gute Beratung und Aufklärung unterstützt werden muss." |