Südwest Presse, 31.12.1999 Heckler & Koch / Schwäbischer Waffenhersteller bald unter US-Dach? Neuaufträge zum Jubiläum Schnellfeuergewehr G3 als größter Erfolg des Mittelständlers Die Oberndorfer Waffenschmiede Heckler & Koch rüstet sich für das nächste Jahrtausend. Der Mittelständler will führender Hersteller bei den Handfeuerwaffen werden. Ob er diesen Weg allein gehen wird? Der US-Konzern Colt's Manufacturing soll Übernahmegedanken hegen. STEFAN HACK und dpa OBERNDORF· Rüstungsgegnern ist Heckler & Koch schon immer ein Dorn im Auge. Dennoch müssen sie sich damit abfinden, dass der Waffenproduzent die Welt auch noch im nächsten Jahrtausend mit Gewehren, Pistolen oder Maschinenpistolen versorgen wird. Kurz vor dem fünfzigsten Jubiläum gab sich Pressesprecherin Andrea Franke zuversichtlich: ¸¸Uns geht es momentan sehr gut. Wir wollen längerfristig der führende Hersteller in der Branche werden''. Kerngeschäft bleibt die Produktion von Handfeuerwaffen. Wieviel damit umgesetzt wird, gehört zu den streng gehüteten Geheimnissen am Firmensitz in Oberndorf im Kreis Rottweil. Vor wenigen Jahren wären positive Prognosen für Heckler & Koch kühn gewesen. Anfang der 90er stand der Betrieb kurz vor der Pleite. Alleingelassen von der Regierung und dem bis dahin treuen Kunden Bundeswehr, blieb man auf der kostspieligen Neukonstruktion des Gewehrs G11 sitzen. Die britische Rüstungsfirma Royal Ordnance sprang in die Bresche und schluckte das Traditionsunternehmen. Fast drei Viertel der 2000 Beschäftigten verloren ihren Job. Heute hat der Mittelständler Heckler & Koch noch 560 Mitarbeiter. Neuaufträge vom Bund Kurz vor dem 50. Jubiläum scheint es aufwärts zu gehen. Aufträge bei der Bundeswehr und eine Lizenzvergabe an die Türkei lassen das hoffen. Mit Erlaubnis der Bundesregierung beginnt die türkische Partnerfirma MKEK mit dem Nachbau einer halben Million HK33-Schnellfeuergewehren. Heckler & Koch ging es Jahrzentelang gut. Der Erfolg des Familienbetriebs trug den Namen G3. Das Schnellfeuergewehr brachte den Oberndorfer den Aufstieg in die Oberklasse der deutschen Rüstungsindustrie. Rund 8Mio. Stück G3 sind im Umlauf, noch mehr eingesetzt werden nur noch die russische Kalaschnikow AK47 und das US-Sturmgewehr M16. Für die Verbreitung des G3 sorgte die Bundesregierung. Sie kaufte 1959 alle Rechte für Nachbau und Reparatur. Bundeseigene Ingenieursfirmen schafften mit Genehmigung Baupläne außer Landes und erstellten im Iran oder Portugal sogar Produktionshallen. Der Bund verdiente an den Lizenzen Millionen. Heckler & Koch musste dabei zusehen. Solche Fehler will die Firma nun vermeiden. Für das Nachfolgemodell G36 sollen die Rechte im Schwarzwald bleiben. Ob Heckler & Koch das aber in der Hand hat, ist offen. Nachdem sich lange Zeit hartknäckig das Gerücht gehalten hatte, das Familienunternehmen würde mit dem ebenfalls in Oberndorf ansässigen Unternehmen Mauser-Waffensysteme, einem Mitglied der Rheinmetall-Gruppe, fusionieren, schweifen nun die Blicke über den Atlantik: Das renommierte Wirtschaftsblatt ¸¸Wall Street Journal Europe'' berichtete, dass der US-Waffenhersteller Colt's Manufacturing Heckler & Koch übernehmen will. Eine entsprechende Absichtserklärung sei von der New Yorker Investmentgruppe, die Colt's kontrolliert, und der Heckler & Koch-Mutter Royal Ordnance unterzeichnet worden. Dem Bericht zufolge liegt der Kaufpreis bei 100 Mio. Dollar (rund 193 Mio. DM). Dem Kauf müssten noch das US-Außenministerium und das Verteidigungsministerium zustimmen. Das gemeinsame Unternehmen wäre in einer stärkeren Stellung um Aufträge für militärische Waffen in den USA und Europa, zitiert das Blatt die Investoren. Der gemeinsame Umsatz soll bei über 300 Mio. Dollar (579 Mio. DM) liegen. |