junge Welt, 06.07.2001 Absurder Verfolgungswahn Generalbundesanwaltschaft droht mit neuen Repressionen gegen die PKK »Ich bin PKK«, unmißverständlich bekennen sich Kurdinnen und Kurden zu ihrer Partei. Mehr als 30 000 Menschen bekundeten innerhalb von zwei Wochen in Europa ihre Verbundenheit mit der Kurdischen Arbeiterpartei. Allein in der BRD wurden Listen mit knapp 10 000 Unterschriften für die Identitätskampagne bei Behörden, Polizeidienststellen und in Rathäusern abgegeben. Die PKK ist in der Bundesrepublik Deutschland seit 1993 verboten, das Bekenntnis »Ich bin PKK« ist demzufolge ein Verstoß gegen das Vereinsgesetz. Doch statt die Kampagne zum Anlaß zu nehmen, um über Sinn und Unsinn des Parteiverbotes nachzudenken, begegnet die bundesdeutsche Jusitz der Willensbekundung mit weiteren Repressionen. Bereits am vergangenen Wochenende kam es in Hamburg und München im Rahmen von Großdemonstrationen für die Kampagne zu Festnahmen (jW berichtete). In Hamburg wurden am 2. Juli etwa 30 Kurdinnen und Kurden vor der Jusitzbehörde festgesetzt, während im Amtsgebäude eine dreiköpfige Delegation von einem Staatsrat empfangen wurde, dem sie mehr als 2 000 Unterschriften übergab. Die Mitglieder dieser Abordnung mußten nach Verlassen des Gebäudes ihre Personalien angeben. Auch der Anwalt Heinz-Jürgen Schneider, der die Delegation begleitet hatte. Das wurde damit begründet, daß er daran beteiligt gewesen sei, eine »Petition mit strafbarem Inhalt« abzugeben. »Dieser Staat leidet scheinbar an einem absurden Verfolgungswahn«, empörte sich denn auch Heinz-Jürgen Schneider gegenüber junge Welt. »Es ist doch ziemlich blödsinnig, 2 000 Menschen Ermittlungsverfahren anzudrohen, weil sie sich offen zur PKK bekennen. Für mich ist das ein Grund mehr, daß es zu einer politischen Normalisierung, also zur Aufhebung des PKK-Verbotes, kommen muß.« »Die Ereignisse lassen den Schluß zu, daß Bundes- und Landesbehörden an einem repressiven Umgang mit der kurdischen Bevölkerung festhalten«, heißt es in einer Pressemitteilung des kurdischen Rechtshilfefonds AZADI. »Es soll nicht sein, daß sie in diesem Land sicht- und hörbar in Erscheinung treten, selbstbewußt ihre Forderungen erheben und in der Öffentlichkeit ihre Stimme erheben. Der deutsche Staat will sie stumm und unterwürfig halten und sie ihrer politischen Identität berauben. Er demonstriert mit diesem Verhalten sein Desinteresse an einer Lösung der kurdischen Frage.« Der Generalbundesanwalt plane als Reaktion auf die Identitätskampagne eine neues PKK- Strukturverfahren, so AZADI. Noch sei nicht ganz klar, worauf das hinauslaufen werde, erläuterte ein AZADI- Mitarbeiter gegenüber jW, da es noch zu keinen Verhaftungen im Rahmen der Kampagne gekommen sei. Aber es zeige, daß die Bemühungen um Anerkennung der kulturellen und politischen Identität nicht angenommen würden und damit letztendlich die von der PKK propagierte Friedenspolitik bekämpft werde. »Eine solche Betonkopfpolitik gehört auf den Müllhaufen der Geschichte.« Birgit Gärtner, Hamburg |