Dolomiten Online, 19.01.2002 Kurdisch in Türkei weiter unerwünscht - Mit einem Fuß schon im Gefängnis Istanbul
(dpa) - An einem Sonntag wurden 200 Studenten der Marmara-Universität
in Istanbul, die Kurdisch als Wahlfach belegen wollten, in die Hochschule
zitiert. In einem "seltsamen Verhör", so die liberale Zeitung "Radikal", wurden sie gefragt, ob sie das Gesuch aus eigenem Antrieb geschrieben hätten und ob sie noch dazu stünden. Noch größer war die Überraschung, als sie beim Verlassen der Uni von einem Trupp rechter Schläger empfangen wurden. Die Namen der Bittsteller waren zuvor in der Hochschule ausgehängt worden. Die Studenten der Marmara-Universität kamen mit Prügel davon. Generell gilt: Wer dieser Tage in der Türkei für sich oder seine Kinder Kurdisch-Unterricht wünscht, steht mit einem Fuß im Gefängnis. Nach den ersten Unterschriftenaktionen, etwa in den südostanatolischen Städten Diyarbakir und Van, sprangen die "Kurdisch-Petitionen" von einer Universität auf die andere über, gingen sie praktisch wie ein Lauffeuer durch das Land. Als die Polizei auch an der Hacettepe-Universität in Ankara 400 Studenten in Gewahrsam nahm, fragte die Zeitung "Milliyet": "Wer hat auf den Knopf gedrückt?" Dass die Auseinandersetzung um die kurdische Sprache gerade zu Beginn dieses Jahres, das als entscheidend für den angestrebten EU-Beitritt der Türkei angesehen wird, an Heftigkeit zunimmt, dürfte der Regierung in Ankara äußerst ungelegen kommen. Für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ist die Erfüllung der so genannten Kopenhagener Kriterien, der EU-Standards in Sachen Demokratie und Menschenrechte, Voraussetzung. |