Rheinische Post                  7. August 1998
 
 

Trauerzug zum Protest genutzt
Nach Suizid eines 35jährigen Kurden
 
 

KREFELD (RP). Weil er sich in der Nacht zum vergangenen Montag in der Anrather Justizvollzugsanstalt angeblich aus politischen Motiven erhängt hat, nutzten gestern einige Aktivisten der kurdischen Arbeiterpartei PKK die Trauerfeier für den 35 Jahre alt gewordenen Kazim Öztürk in Krefeld auch zu politischen Demonstrationen. Immer wieder skandierten Teilnehmer des Trauerzuges durch die Innenstadt Rufe wie „Deutsche Panzer raus aus Kurdistan!“.

Öztürk verbüßte in Anrath eine dreijährige Haftstrafe wegen Brandstiftung in einem Reisebüro in Mainz und wäre Anfang Dezember entlassen worden. In der Nacht zum Montag wurde er dann aber erhängt in seiner Zelle aufgefunden. Für die Justizvollzugsbeamten ein Rätsel, da er ständig guten Kontakt zu seiner Frau in Mainz und zu anderen Verwandten gehabt habe.
Gegen 14 Uhr zogen gestern 300 Kurden (nach Polizeiangaben) mit einem Bild des Toten vor das Krefelder Rathaus, zu Trauerfeier und Kundgebung gebeten vom „Kurdischen Elternverein“. Als gegen 15 Uhr der mit der kurdischen Fahne verhüllte Sarg aus Anrath eintraf, bewegte sich der Trauerzug durch die Straßen. Gestern abend wurde der Sarg vom Düsseldorfer Flughafen in die Türkei überführt. Um gegen mögliche Auswüchse gewappnet zu sein, waren auch Polizeikräfte aus Mönchengladbach und Wuppertal im Einsatz.
eb.-