HAMBURGER MORGENPOST
                                                                                         Freitag   7.8.98
 

 

Abgeschoben in die Folterkammer

Kurde mußte Hamburg verlassen - in der Türkei wurde er fast zu Tode
gequält

Februar 1998: Die Hamburger Polizei nimmt Ahmet G. (33) fest. Wenig später wird der Kurde in seine Heimat abgeschoben. Er
habe in der Türkei nichts zu befürchten, so die Behörden. Aber kaum war er in Istanbul angekommen, da folterte ihn die
türkische Polizei beinahe zu Tode.

Wer das medizinische Gutachten über seine Verletzungen liest, dem laufen Schauer über den Rücken: Schädelbruch. Seine
Hoden wurden gequetscht. Die Polizei verabreichte ihm Stromstöße. Und das alles in einem Land, von dem die Bundesregierung
sagt, es verfolge die Kurden nicht.

Mit gleicher Begründung waren auch die Asylanträge Ahmet G.s abgelehnt worden. Seinen Angaben, er habe für ein freies
Kurdistan gekämpft und müsse deshalb mit Verfolgung rechnen, wurde kein Glaube geschenkt. So ließ die Ausländerbehörde
Ahmet G. festnehmen und schob ihn ab.

Was für Qualen er nach seiner Ankunft durchmachen mußte, haben türkische Ärzte in einem Gutachten zusammengefaßt. Seine
Wirbelsäule ist stark verkrümmt - er muß ein Korsett tragen. Sein Körper ist übersät mit Narben. Er ist psychisch und körperlich
ein gebrochener Mann.

Aus Angst, noch einmal den Folterknechten in die Hände zu fallen, flüchtete Ahmet G. nach Rumänien und erzählte der deutschen
Botschaft seine Geschichte. Das Auswärtige Amt reservierte daraufhin einen Flug zurück nach Deutschland. Doch die Maschine
mußte ohne ihn fliegen. In letzter Minute verweigerte das Bundesinnenministerium die Einreisegenehmigung. "G. kann in Rumänien
einen Asylantrag stellen", so Sprecher Roger Kiel.

"Amnesty International" bezweifelt, daß Ahmet G. in Rumänien wirklich mit einem fairen Asylverfahren rechnen kann. Außerdem:
Was soll er dort? Seine Lebensgefährtin Serive Sevim und seine Tochter Azat (1) leben in der Nähe Hamburgs - und nicht in
Bukarest.

                                                                                    Olaf Wunder