»Heroin tötet! Rettet
das Leben!« lautet die Warnung auf Plakaten, die nachts in vielen
Städten Deutschlands geklebt wurden. Das Bild zeigt eine
Europakarte. Aus der blutig-rot
ausgemalten Türkei ragen Heroinspritzen drohend nach Westeuropa. Unterzeichnet
sind die Plakate von der
verbotenen Nationalen Befreiungsfront
Kurdistans ERNK.
Immer wieder haben Polizei und
Presse versucht, die kurdische Befreiungsbewegung mit Drogenhandel in Verbindung
zu bringen. Beweise dafür
gibt es bis heute nicht. Statt
dessen hatte PKK-Chef Abdullah Öcalan dem Verfassungsschutz sowie
dem CDU-Abgeordneten Heinrich Lummer
bei diplomatischen Gesprächen
eine Zusammenarbeit im Kampf gegen Drogendealer angeboten.
Nun haben die in der europaweiten
Föderation KON-KURD zusammengeschlossenen kurdischen Vereine eine
Kampagne gegen Drogenhandel
und Drogenkonsum gestartet. Vertreter
des Kurdischen Exilparlaments und Mediziner besuchen in diesen Tagen die
Vereine und informieren unter
dem Motto »Widerstand heißt
Leben« über Suchtvorbeugung und Suchtbekämpfung. »Flucht
und Vertreibung aus der Heimat durch den
schmutzigen Krieg des türkischen
Staates gegen die Kurden, Mißachtung und Nichtanerkennung ihrer Identität
nicht nur durch die Türkei und die
anderen Länder, die Kurdistan
kolonisiert haben, sondern auch durch die Bundesrepublik Deutschland, in
der Flüchtlinge und Asylbewerber alles
andere als willkommen sind - solche
Faktoren könnten dazu geeignet sein, Kurdinnen und Kurden entweder
in die Drogenabhängigkeit zu treiben
oder sie zu Tätern werden
zu lassen, die anderen Drogen verkaufen, um selbst an das schnelle Geld
zu kommen«, erklärt die Föderation Kurdischer
Vereine in Deutschland YEK-KOM.
Mit ihrer Kampagne wollen die kurdischen
Vereine die deutsche Öffentlichkeit über die Hintergründe
des Drogenhandels informieren. Die Türkei ist
heute nicht nur Hauptumschlagplatz
des europäischen Drogenhandels, sondern auch eines der wichtigsten
Herstellerländer für harte Drogen. In den
letzten Jahren ist bekanntgeworden,
daß eine ganze Reihe der weltweit größten Drogendealer
zur türkischen Mafia gehören. Dieselbe Mafia
ermordet als Kontraguerilla kurdische
und türkische Oppositionelle, Menschenrechtler und Gewerkschafter
oder läßt sie »verschwinden«.
Drogengelder dienen zur Finanzierung
des schmutzigen Krieges in Kurdistan.
Durch die Susurluk-Affäre
Ende 1996 wurde die enge Verstrickung von Mafia, Konterguerilla und Staat
in der Türkei deutlich. Damals
verunglückte bei einem Verkehrsunfall
Serhat Bucak, Abgeordneter der Regierungspartei DYP und Anführer einer
Kontraguerilla-Bande zusammen
mit dem hohen Polizeioffizier
Hüsein Kocadag und dem von Interpol gesuchten Mörder und Drogenhändler
Abdullah Catli. Ein Frankfurter Gericht
wies die enge Verquickung der
ehemaligen türkischen Ministerpräsidentin Tansu Ciller und ihrer
Familie mit der Drogenmafia nach.
Nick Brauns, München