Presseerklärung
"Verboten und aufgelöst" - warum wird das "Internationale Bürgerhaus" in Frankfurt geschlossen?
Heute am frühen Morgen durchsuchten Polizisten die Räume des kurdischen Vereins "Internationales Bürderhaus" in Frankfurt und erklärten, der Verein sei durch den Hessischen Innenminister verboten und aufgelöst.
In einer Zeit, in der sich zwischen VertreterInnen der Kurden einerseits
und deutschen PolitikerInnen und Behörden andererseits ein konstruktiver
Dialog ständig weiterentwickelt, erscheint eine derartige Verbotsverfügung
unverständlich, kontraproduktiv und als ein Schritt in die falsche
Richtung.
In Europa werden immer neue Beweise für die Involvierung hoher
und höchster Kreise innerhalb der türkischen Politik in Drogenmafia
und Geldwäscherei bekannt; vor wenigen Tagen wurde erneut ein wegen
40 Morden und Mordaufträgen international gesuchter türkischer
Mafiaboss in Frankreich festgenommen - er besaß einen türkischen
Diplomatenpaß! Andererseits wollen immer mehr europäische PolitikerInnen
die Menschenrechtsverletzungen des türkischen Staates gegen Kurdinnen,
Kurden und Oppositionelle nicht mehr hinnehmen. Während aus diesen
Gründen die türkische Regierng immer mehr isoliert wird, wächst
in der europäischen Öffentlichkeit die Unterstützung für
eine politische Lösung der Kurdischen Frage.
Am 6. Juni haben die Kurden in Deutschland eine Großdemonstration
organisiert. An diesem Tag bewiesen über 100.000 KurdInnen ihre politische
Entschlossenheit und ihren Friedenswillen. Die Polizei hielt sich zurück,
obwohl in gewissem Maß "verbotene Symbole" gezeigt wurden, und es
gab keinerlei Zwischenfälle. Daß die deutschen Behörden
diese Demonstration genehmigt und unterstützt haben, zeigt deutlich,
daß einflußreiche Kreise innerhalb der deutschen Politik gegenüber
den Kurden auf Deeskalation und Zusammenarbeit setzen.
Es ist äußerst bedauerlich, wenn gerade in einem Bundesland,
das von einer Rot/Grünen Koalition regiert wird, die Linie der positiven
Entwicklung durch solch ein anachronistisches Vereinsverbot gestört
wird. Die Vorwürfe gegen den verbotenen Verein sind fadenscheinig:
"Kader" sollen sich dort getroffen haben, und es soll ein "PKK-Propagandafilm"
gezeigt worden sein. Keinerlei Straftaten, die den Vorwurf rechtfertigen,
die "innere Sicherheit der Bundesrepublik" zu gefährden. Warum stellt
sich der hessische Innenminister in eine Linie mit seinem bayrischen Kollegen
Beckstein (CSU) oder dem Bremer Innensenator Bortscheller (CDU)? Die SPD
sollte derartige "Profilierungsversuche" einen Monat vor der Bundestagswahl
nicht nötig haben!
Wir in Deutschland lebenden Kurden werden uns weiterhin nicht provozieren
lassen. Aber wir fragen nach dem Sinn von Maßnahmen, die zwar dem
Buchstaben einer Verbotsverfügung genügen mögen, gleichzeitig
aber den Menschen unseres kurdischen Volkes, das in seiner Heimat einem
schmutzigen Vernichtungskrieg ausgesetzt ist, auch in Deutschland die Möglichkeit
nehmen, sich zu treffen, ihre Kultur zu pflegen und sich auch mit der Poitik
sowohl in ihrer Heimat als auch in der Bundesrepublik auseinandersetzen.
Wir fordern erneut nachdrücklich, daß das sogenannte "PKK-Verbot"
aufgehoben oder zumindest bis zu seiner Aufhebung großzügieger
gehandhabt wird!
YEK-KOM Bochum, den 25. August 1998