Ankara (AP/dpa/taz) - Mit Zurückhaltung hat der türkische
Ministerpräsident Mesut Yilmaz am Samstag auf einen von der Kurdischen
Arbeiterpartei (PKK) einseitig ausgerufenen Waffenstillstand reagiert.
PKK-Führer Abdullah Öcalan hatte tags zuvor in einem Interview
des in London stationierten kurdischen Fernsehsenders Med-TV erklärt,
ab dem 1. September werde seine Organisation alle Feindseligkeiten gegen
die türkische Armee einstellen und nur noch zur Selbstverteidigung
kämpfen. Laut Med-TV sagte Öcalan: Wir haben jahrelang gekämpft,
aber jetzt wollen wir Frieden.“ Die Waffenruhe sei unbefristet und erstrecke
sich auf den türkischen Teil Kurdistans (Nordkurdistan).
Ministerpräsident Yilmaz erklärte in Ankara, der Waffenstillstand
führe zu nichts, wenn er als reine Propaganda gedacht sei, um Unterstützung
in Europa zu gewinnen. „Wenn Öcalan erkannt hat, daß der Kampf
gegen den türkischen Staat sinnlos ist, und wenn er Schritte in Richtung
Kapitulation macht, finde ich das positiv“, sagte Yilmaz weiter.
Öcalan forderte die türkischen Streitkräfte auf, ebenfalls
einen Waffenstillstand auszurufen. Der Aufruf kommt zu einer Zeit, in der
das türkische Militär erklärt hat, die Rebellen nahezu besiegt
zu haben. Fast alle noch verbliebenen PKK-Kämpfer hätten sich
über die Grenze in den Irak zurückgezogen. Frühere Aufrufe
zu einem Waffenstillstand seitens der PKK, der letzte davon im April, sind
von der türkischen Regierung ignoriert worden. Ankara weigert sich,
mit der PKK zu verhandeln, die von der Türkei als Terrororganisation
bezeichnet wird. Die PKK kämpft seit 1984 für einen souveränen
kurdischen Staat im Südosten der Türkei. In den letzten Jahren
zeigte Öcalan sich jedoch wiederholt zu einer Autonomielösung
innerhalb der Türkei bereit.
Unterdessem nahm die türkische Polizei am Samstag in Istanbul
über 100 Menschen fest, die gegen das Verschwinden von Angehörigen
in Polizeigewahrsam demonstrierten. Wie die türkische Menschenrechtsvereinigung
(IHD) erklärte, geht die Polizei seit zwei Wochen verstärkt gegen
die seit drei Jahren regelmäßig stattfindenden Demonstrationen
vor. Hunderte Menschen, die sich „Samstagsmütter“ nennen, fordern
während der Kundgebungen von der Regierung, die Verschwundenen zu
finden oder über deren Tod Rechenschaft abzulegen. Nach Angaben von
Menschenrechtlern sind in der Türkei über 800 Menschen spurlos
verschwunden, meist nach ihrer Festnahme durch Sicherheitskräfte.