Seit mehr als drei Jahren protestieren die Samstagsmütter, die
Angehörigen der Verschwundenen in der Türkei, jeden Samstag auf
dem Galatasaray-Platz in Istanbul. Sie fordern die Rückkehr ihrer
Angehörigen und daß die Verantwortlichen für das „Verschwindenlassen“
zur Rechenschaft gezogen werden.
Von Anfang an waren die Samstagsmütter immer wieder Repressionen
des türkischen Staates ausgesetzt. Seit drei Wochen werden sie bei
ihren wöchentlichen Sitzaktionen massiv angegriffen und ihre Kundgebungen
gewaltsam aufgelöst. Die staatlichen Sicherheitskräfte verprügeln
die friedlichen DemonstrantInnen und nehmen sie fest. Mehr als 150 Personen
sind seit Samstag, dem 29.8.´98 inhaftiert. 26 Personen erlitten
schwere Verletzungen, so daß sie ins Krankenhaus eingeliefert werden
mußten.
Weitere 220 Personen, die sich an einem Friedenskonvoi anläßlich
des Antikriegstages am 1. September von Istanbul nach Diyabarkir in Kurdistan
beteiligen wollten, wurden am Montag, den 31.8.´98 verhaftet. Bereits
auf dem Istanbuler Busbahnhof wurden sie von Polizeikräften eingekreist,
gewaltsam aus den Bussen geholt und in Polizeifahrzeugen zur Polizeistation
„VATAN“ gebracht, die für systematische Misshandlungen bekannt ist.
Unter den Verhafteten befinden sich Eren Keskin, stellvertretende Vorsitzende
des türkischen Menschenrechtsvereins IHD, mehrere IHD-Vorstandmitglieder
sowie VertreterInnen verschiedener Parteien, Gewerkschaften und Organisationen,
die unter dem Motto „Wann, wenn nicht jetzt?“ zu der Friedensfahrt aufgerufen
hatten.
Die OrganisatorInnen des Konvois begrüßten die Friedens-Initiative
des Vorsitzenden der kurdischen Arbeiterpartei, PKK, Abdullah Öcalan.
Dieser hatte der türkischen Regierung eine bedingungslose Waffenruhe
vorgeschlagen, die am Antikriegstag in Kraft treten und mindestens bis
zu den vorgezogenen Parlamentswahlen im April ´99 andauern sollte.
Das Ziel sei es, so Öcalan, mit der Regierung in Ankara zu Verhandlungen
über eine friedliche Lösung des Kurdistan-Konfliktes zu kommen.
Die Antwort der türkischen Regierung auf die kurdische Friedensinitiative
sind die oben geschilderten Mißhandlungen und Festnahmen.
Trotz dieser Reaktionen des türkischen Staates hält die PKK
an einer einseitigen Waffenruhe fest.
Das Hamburger Komitee begrüßt die Friedensinitiative.
Wir fordern die Einhaltung der Menschenrechte und die körperliche
Unversehrtheit der Inhaftierten, sowie deren sofortige Freilassung.
Wir fordern alle demokratischen Organisationen und Institutionen auf
sich mit dem gerechten Widerstand der Menschen in der Türkei und in
Kurdistan zu solidarisieren.
Hamburg, den 31.8.98