Menschenrechtler appellieren an Ankara
Initiativen sehen nach PKK-Erklärung einmalige Chance auf Frieden
in der Türkei
Von Thomas W. Klein
WIESBADEN, 15. September. In einer gemeinsamen Erklärung unter
der
Losung: "Dem Frieden eine Chance", haben namhafte deutsche
Friedensinitiativen und Menschenrechtsorganisationen auf die jüngsten
Entwicklungen in der Türkei reagiert. Nach der Ankündigung
des
PKK-Vorsitzenden Öcalan, einen einseitigen Waffenstillstand
einzuhalten, bestehe nun die Chance, im türkisch-kurdischen Krieg
"die
Weichen Richtung Frieden zu stellen". Diese Chance dürfe nicht
vertan
werden. Die vom Dialogkreis "Krieg in der Türkei - die Zeit ist
reif
für eine politische Lösung" herausgegebene Erklärung
wurde
unterzeichnet vom Bayerischen Flüchtlingsrat, dem Bund für
Soziale
Verteidigung, dem Komitee für Grundrechte und Demokratie, den
Kampagnen gegen Rüstungsexport mit Sitz in Bremen und Wiesbaden,
medico international, Pax Christi, Pro Asyl und weiteren Gruppen.
Ende August hatte Öcalan im kurdischen Sender MED-TV angekündigt,
daß
die kurdische Guerilla vom 1. September an einen Waffenstillstand
einhalten werde. Nach Angaben Öcalans sollte dieser zum dritten
Mal
seit Beginn der bewaffneten Kämpfe vor fast 15 Jahren einseitig
verkündete Waffenstillstand ein "erster Schritt" sein, um Bedingungen
für eine nichtmilitärische Lösung zu schaffen. Die ersten
Reaktionen
aus Ankara waren erwartungsgemäß ablehnend. Bisher hat die
türkische
Regierung auf solche Erklärungen der PKK stereotyp geantwortet:
Mit
"Terroristen" gebe es keine Verhandlungen. Statt dessen propagierte
Ankara stets die "militärische Lösung", die Vernichtung der
kurdischen
Guerilla, die nach Angaben aus türkischen Militärkreisen
in den
vergangenen Jahren schon mehrmals unmittelbar bevorstand.
Damit der diesmal verkündete Waffenstillstand nicht wieder in
gewohnter Weise verstreicht, fordern die deutschen Organisationen nun
von den USA, den europäischen Staaten und nicht zuletzt von der
türkischen Regierung, einer politischen Lösung unter Vermittlung
Dritter den Weg zu ebnen. In der Erklärung heißt es: "Wir
fordern die
Regierung und den Nationalen Sicherheitsrat der Türkei auf, sich
doch
noch für eine konstruktive, den Krieg deeskalierende Antwort mit
dem
Ziel einer politischen Lösung des Konflikts zu entscheiden." Als
Beispiel wird Nord-Irland genannt, das deutlich mache, wie eine
politische Lösung unter Vermittlung Dritter möglich sei.
Die
Beistandspflicht aller mit der Türkei befreundeten Staaten bestehe
nicht in der Lieferung weiterer Waffen.
Inzwischen hat Öcalan nach Angaben des Kurdistan-Informations-Zentrums
in Köln zwar angekündigt, den Waffenstillstand zu beenden,
sollte die
"Gegenseite weiter ihre Köpfe in den Sand" stecken. Noch aber
sei die
PKK bereit, eine friedlichen Lösung auszuhandeln.