15 Jahre Haft für Deutsche
in der Türkei
Angeklagte boykottierte die Verhandlung
Das Staatssicherheitsgericht in der türkischen Stadt Van hat die
Hamburgerin Eva Juhnke am Donnerstag wegen Mitgliedschaft in der Kurdischen
Arbeiterpartei PKK zu einer Haftstrafe von 15 Jahren verurteilt. Juhnke
selbst und ihre Anwälte blieben der Verhandlung fern. Sie begründeten
ihren Boykott mit der Aussage des Europäischen Gerichtshofes, daß
in türkischen Staatsschutzprozessen keine unabhängige Rechtsprechung
stattfände. Bei der Verhandlung waren außer dem Gericht und
der Staatsanwaltschaft lediglich Vertreter von prison watch international
(pwi) und der Deutschen Botschaft sowie einige Journalisten zugegen. Eva
Juhnke wurde im vergangenen Herbst von türkischen Soldaten gefangengenommen.
Während das Militär behauptete, die 34jährige am 16. Oktober
vergangenen Jahres bei Hakkari auf türkischem Boden festgenommen zu
haben, gibt die Betroffene selbst an, sie sei am 5. oder 6. Oktober im
Nordirak während der Operation »Morgenröte« von türkischen
Spezialeinheiten verhaftet worden. Somit wäre das Verfahren völkerrechtswidrig.
Das Auswärtige Amt hält sich in dieser Frage allerdings bedeckt,
da Aussage gegen Aussage stünde.
»Drei Wochen lang erfolgten tage- und nächtelange Verhöre
in Hakkari und Diyarbakir,« so die pwi-Vertreterin Heidi Lippmann-Kasten,
die Juhnke mehrfach im Gefängnis besucht hat. Bei den Vernehmungen
sei der Gefangenen immer wieder angedroht worden, sie verschwinden zu lassen
und zu töten. »Stundenlang mußte sie mit verbundenen Augen
und gefesselten Händen in ihrer Zelle stehen, Tag und Nacht brannte
Licht.«
Die meiste Zeit ihrer fast einjährigen Untersuchungshaft war Juhnke
im Gefängnis von Mus isoliert von den übrigen Gefangenen untergebracht.
Aus Protest gegen die Haftbedingungen beteiligte sie sich an einem 42 Tage
dauernden Hungerstreik. Bei den insgesamt zehn Verhandlungsterminen, die
mit einer Ausnahme nur wenige Minuten dauerten, wurde die Angeklagte immer
wieder am Verlesen ihrer Verteidigungsrede gehindert. Gleichzeitig hat
das Gericht Anzeigen von Juhnkes Anwalt und des türkischen Menschenrechtsvereins
IHD wegen unmenschlicher Behandlung und sexueller Folter zurückgewiesen.
Journalisten ist mehrfach der Zutritt zum Gerichtsgebäude verwehrt,
einem Kameramann, der die Angeklagte filmen wollte, sind mehrere Finger
gebrochen worden.
Reimar Paul