taz 18.9.98
Deutsche verurteilt
15 Jahre Haft in Türkei für Hamburgerin wegen angeblicher
PKK-Mitgliedschaft
Hamburg (taz) - Zu 15 Jahren Gefängnis verurteilte das türkische
Staatssicherheitsgericht gestern die Hamburgerin Eva Juhnke. Sie sei Mitglied
der kurdischen Arbeiterpartei PKK, befanden die Richter im türkischen
Van. Das Urteil wurde in Juhnkes Abwesenheit verkündet. Sie hatte
sich einem Boykott mehrerer politischer Gefangener gegen das Staatssicherheitsgericht
angeschlossen.
Die 33jährige wurde Anfang Oktober vorigen Jahres vom türkischen
Militär festgenommen. Auf irakischem Staatsgebiet, wie Eva Juhnke
sagt, und deshalb unter Verletzung völkerrechtlicher Bestimmungen.
Das Militär behauptete dagegen, die Hamburgerin auf türkischem
Boden aufgegriffen zu haben. Folglich erklärte sich das türkische
Staatssicherheitsgericht für zuständig und erhob Anklage nach
dem Antiterrorgesetz. Elf Monate saß Juhnke im Untersuchungsgefängnis
in Mus, zunächst in Isolationshaft. Nachdem sie im März
vom Hungerstreik anderer Inhaftierter erfuhr, schloß sie sich ihnen
an. Daraufhin wurde sie mit vier Frauen zusammengelegt.
Juhnkes Rechtsanwalt Metin Kilavuz hatte mehrere Strafanzeigen gegen
die türkische Justiz gestellt. Eine richtete sich gegen die Festnahme
auf fremdem Staatsgebiet, eine weitere gegen die „unmenschliche Behandlung“
in der Haft. Darüber hinaus hatte er Beschwerde bei der EU-Menschenrechtskommission
eingelegt, weil die türkischen Behörden die verheiratete Frau
gewaltsam zu einer „Jungfräulichkeitsuntersuchung“ gezwungen hatten.
Juhnke begründete gemeinsam mit anderen Gefangenen den Boykott des
Staatssicherheitsgerichts. Mit seinen „politischen Sonderverurteilungen“
genüge das Staatssicherheitsgericht nicht mal den eigenen „antidemokratischen
Gesetzen“, heißt es in der Erklärung. Die Vorsitzende von „prison
watch international“, Heidi Lippmann-Kasten, forderte die Bundesregierung
gestern auf, gegen das „Unrechtssystem in der türkischen Gerichtsbarkeit“
zu protestieren. Juhnke selbst kündigte Revision gegen das Urteil
an.
Elke Spanner