Wieder
wurden die Samstagsmütter vom Galatasaray Platz in Istanbul von der
Polizei angegriffen
In den letzten sechs Wochen über 200 Festnahmen
Seit dem 27. Mai 1995 versammeln sich die Angehörigen der Verschwunden jeden Samstag auf dem Galatasaray-Platz in Istanbul, um gegen die staatliche Methode des Verschwindenlassens zu protestieren. Immer wieder wurden sie von Sicherheitskräften der türkischen Regierung angegriffen, festgenommen, gefoltert und geschlagen. Durch ihre Ausdauer und andauernden Protest haben sie es geschafft, daß ihre Stimme auch über die Grenzen der Türkei gehört wurde. So führte in der Zeit vom 13. - 28. Juni 1998 eine Delegation der Istanbuler Samstagsmütter eine Rundreise durch die Bundesrepublik Deutschland durch, um über ihr Schicksal und im allgemeinen über die politische Situation in der Türkei zu berichten. In vielen Städten führten sie Gespräche mit verschiedensten Parteien und anderen politischen und humanitären Organisationen und Institutionen. Viele sprachen ihnen Unterstützung und Solidarität aus.
Doch die Repression gegen die Samstagsmütter ist in den letzten Wochen noch stärker geworden. So wurden in den letzten sechs Wochen 239 Angehörige und UnterstützerInnen von den türkischen Sicherheitskräften festgenommen.
Auch heute, in der 175. Woche ihres Protestes, wurden die Samstagsmenschen von türkischen Sicherheitskräften angegriffen und 21 von ihnen festgenommen, darunter auch drei Kinder. Mit ihnen wurder auch eine deutsche Gruppe, sowie die Mutter von Eva Juhnke, deren Tochter in dieser Woche von dem Staatssicherheitsgericht (DGM) in Van in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden ist, festgenommen. Nach zwei Stunden wurde die deutsche Gruppe aus der Polizeihaft entlassen. Doch entgegen der Zusage, daß mit der Freilassung der deutschen Gruppe alle weiteren Festgenommenen auch freikommen, befinden sich alle anderen weiterhin in Haft.
Wir schließen uns den Forderungen der Samstagsmütter an:
sofortige Freilassung aller Verhafteten
das Schicksal der bis jetzt Verschwundenen muß aufgedeckt werden
das Verschwindenlassen von Menschen muß ein Ende haben
die Verantwortlichen für das Verschwindenlassen müssen zur
Rechenschaft gezogen werden
Anbei die Übersetzung der Erklärung der Samstagsmenschen aus Istanbul zu den heutigen Festnahmen
Bei der 175. Samstagsmütter Aktion in Istanbul/Galatasaray wurden heute 21 Angehörige der Verschwundenen, darunter 3 Kinder (Ezgin Yildiz, 11 Jahre, Hatice Gölhan 10 Jahre), von den türkischen Sicherheitskräften festgenommen.
Unter den Festgenommenen befinden sich:
Ezgil Yildiz: 11 Jahre, Schwester von Murat Yildiz, der 1996 aus Izmir verschwunden gelassen wurde. Seine Mutter hatte ihn selber zur Polizei gebracht. Später wurde von der Polizei behauptet, er habe sich ins Meer geschmissen
Hannife Yildiz: Mutter von Murat Yildiz
Sehriban Yildiz: Tante von Murat Yildiz
Alev Demir: sucht seinen Neffen, der aus Mardin in Untersuchungshaft verschwunden gelassen worden ist.
Hanim Tosun: sucht ihren Mann Fehmi Torsun der im Oktober1995 vor ihrer Haustür festgenommen wurde. Seit dem ist er verschwunden.
Emine Ocak: Mutter von Hasan Ocak. Er wurde im März 1995 festgenommen. Nach 55tägiger Folter ist er erwürgt gefunden worden.
Maside Ocak: Schwester von Hasan Ocak
Nimet Tanrikulu: Mitglied der Verschwundenen -Komission des IHD Istanbul
Sebla Arcan: Vorstandsmitglied des IHD-Istanbul und Mitglied der Verschwundenen-Komission
andere in Haft genommene: Cemile Yalcin, Songül Diribas, Tercan Atilgan, Zübede Saraman, Yasin Günboyu, Doris Juhnke, Uta Schniderbanger, Birgit Gärtner
Am 15.8. wurden 11, am 22.8. wurden 25 und am 29. August wurden157 Angeghörige der Samstagsmütter festgenommen. Am 5.9. wurden 17, am 12.9. wurden 8 und am 19. September wurden 21 festgenommen. Insgesamt wurden in den letzten sechs Wochen 239 Angehörige und UnterstützerInnen der Samstagsmütter festgenommen.
Warum? Warum werden jetzt die Erklärungen der Samstagsmütter, die seit dem 27. Mai 1995 Samstags auf dem Galatasaray Platz in Istanbul verlesen werden sollen, kriminalisiert?
Wir rufen die Regierung auf, mit dem Verschwinden lassen aufzuhören,
die Verschwundenen wieder herauszugeben, die heute Verhafteten sofort freizulassen
und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
19.09.98 Samstagsmenschen/Istanbul