aus: ND, v. 19./20. 09. 1998
Friedensabkommen für Nordiraks Kurden
Unter Druck
Von Jochen Reinert
Vier Jahre nach dem Ausbruch des Bruderkrieges zwischen den beiden
größten kurdischen Fraktionen in Nordirak
kommt Kunde von einem Friedensabkommen, in Washington per Handschlag
besiegelt von den verfeindeten Führern Talabani und Barsani.
Dazu bedurfte es allerdings mächtigen Drucks des
Gönners USA in Gestalt von Frau Albright.
Denn es geht für die Kontrahenten um die Macht über ein
Territorium von der Größe der Schweiz und um
riesige Pfründe wie etwa die Einnahmen aus illegalem Treibstoffhandel
mit der Türkei.
Das Interesse der USA an dem Deal ist eindeutig: Sie wollen in
der nach dem Golfkrieg de facto von Irak abgetrennten Schatzzone
Ord-nung schaffen und die Energien Talabanis und Barsanis
gegen den Erzfeind in Bagdad lenken - auch wenn die Kurdenführer
dies in Ab-rede stellen. Quasi ein Beiprodukt sind Verabredungen
über koordi-niertes Vorgehen gegen die hier operierende
PKK, sehr zur Freude des NATO-Partners Türkei.
Doch was ist ein Friedensabkommen wert, das offen gegen zwei
tief in den Nordirak-Konflikt hineinragende
politisch-militärische Komponenten gerichtet ist? Auch nach dem Kurden-Handschlag
von Was-hington ist ein regionaler Friede in Nahost weit entfernt.