Frankfurter Rundschau, 28.09.1998

Nordirak
Einigung der Kurden macht Ankara mißtrauisch

öhl ATHEN, 27. September. Als Reaktion auf die jüngste in Washington unterzeichnete Übereinkunft der verfeindeten Kurdenfraktion in Nordirak will die Türkei jetzt ihre Beziehungen mit Bagdad verbessern. Vizepremier Bülent Ecevit kündigte am Wochenende an, der seit 1992 vakante Posten des türkischen Botschafters in der irakischen Hauptstadt werde in Kürze neu besetzt. Ecevit erwartet auch die Entsendung eines irakischen Botschafters nach Ankara.
Das unter Vermittlung von US-Außenministerin Madeleine Albright ausgehandelte Friedensabkommen zwischen der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), die sich zuvor blutige Kämpfe geliefert hatten, sieht unter anderem Neuwahlen zu einer kurdischen Regionalversammlung in Nordirak vor.  Die Golfkriegsalliierten hatten dort 1991 eine Schutzzone für die Kurden eingerichtet. Die Aussicht einer Selbstverwaltung der irakischen Kurden schreckt Ankara vor allem wegen der Autonomiebestrebungen der eigenen kurdischen Volksgruppe.
Die Türkei werde das Kurden-Abkommen keinesfalls billigen, erklärte Ecevit. Er fürchte, mit der Übereinkunft würden künftige Operationen der türkischen Streitkräfte gegen mutmaßliche Stützpunkte der (türkisch) kurdischen Arbeiterpartei PKK in Nordirak unmöglich. Die KDP hatte die türkische Armee bei Offensiven gegen die PKK in Nordirak unterstützt. Nach der Einigung mit der PUK ist dieses Bündnis aber fraglich geworden.