Traugott Wiesinger zum Thema: „Kirchenasyl“
„Da braucht man viel Unterstützung“
Wenn Ausländer einen negativen Bescheid auf ihren Asylantrag erhalten
und mit der Abschiebung in ihr Heimatland rechnen müssen, wenden sie
sich nicht selten an die Kirche. Auch der evangelische Pfarrer der Christusgemeinde
in Gemünden, Traugott Wiesinger, weiß das. Vor etwa eineinhalb
Jahren hatte sich Zerah, die Tochter des damals zur Abschiebung anstehenden
Kurden Mehmet Demir (wir berichteten in unsrer gestrigen Ausgabe), an ihn
gewandt.
„Zehra wollte mit ihrer Familie Kirchenasyl, aber ich konnte es nicht
gewähren, da wir in Gemünden die Voraussetzungen nicht haben“,
erzählt der Geistliche. Er sei als Pfarrer da alleine gestanden, um
aber wirklich zu helfen, hätte es einer Mannschaft, die hinter ihm
gestanden hätte, bedurft. In der Kurzfristigkeit der Entscheidungsfindung
- Zehra kam erst drei Tage vor Ablauf der Frist zu ihm - war eine Durchsetzung
nicht möglich. „Als Einzelner schaffe ich das nicht, da braucht
man Unterstützung durch einige Personen.“ Beim Kirchenasyl handelt
es sich (rechtlich) um widerrechtliches Handeln gegen bestehende Gesetze,
die letztendlich „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ zur Folge haben könnten,
wie Wiesinger erläutert. Es könne jedoch gewährt werden,
wenn Menschen an Leib und Leben bedroht sind und um Schutz in einem Raum
der Kirche suchen. „Wenn wir ein Gemeindezentrum gehabt hätten, dann
wäre das möglich gewesen“, sagt er und führt fort, daß
die fehlenden sanitären Anlagen, Wasser und Strom letztendlich die
von ihm anvisierte Hilfsmaßnahme scheitern ließen. Um Kirchenasyl
gewähren zu können, müssen Unterkunftsmöglichkeiten
in Form von ein bis zwei Räumen sowie Teeküche, Toiletten, Waschbecken
vorhanden sein.
Das Kirchenasyl wird in einigen bundesdeutschen Ländern gewährt.
In Bayern ist es nicht üblich. Da das Asylrecht wiederum in Länderhoheit
liegt, ist ein Wechsel in ein anderes Bundesland für Asylbewerber,
die Kirchenasyl wahrnehmen wollten, nicht möglich.