Cem Özdemir will Amt des Äusländerbeauftragten
Der türkischstämmige grüne Bundestagsabgeordnete als
Vermittler zwischen Deutschen und Türken
BM/kiw Bonn - Zähigkeit zahlt sich aus. Cem Özdemir, grüner
Bundestagsabgeordneter türkischer Abstammung, weiß das. Schließlich
hatten es seine Eltern, die sich als Gastarbeiter in Deutschland kennenlernten,
nicht immer leicht. Und auch der 32jährige Özdemir mußte
erst über den zweiten Bildungsweg sein Abitur nachholen, um dann Sozialpädagogik
zu studieren - gegen den Widerstand seiner Eltern.
Nun wird Özdemir wieder für sein
Durchhaltevermögen belohnt. Der schwäbelnde «Spätzletürke»,
wie ihn die «Zeit» einmal nannte, hat gute Chancen, nächster
Ausländerbeauftragter der Bundesregierung zu werden. Sein Interesse
am Amt hat er gestern in der «Heilbronner Stimme» bekundet.
Er wolle sich zwar nicht aufdrängen, sagte er. Doch sei er sicher,
mit seiner Biographie einiges bewegen zu können. Deutsche und Nicht-Deutsche
müßten sich aufeinander zubewegen. Bereits die letzte Bundesregierung
betraute den kleineren Koalitionspartner mit dieser Aufgabe, in Person
von Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP).
Ein erstes Ziel auf dem Gebiet der Ausländerpolitik hat Özdemir
bereits sicher erreicht. Nach ihrem Wahlsieg hat die SPD dem künftigen
Koalitionspartner zugesagt, die Einbürgerung für in Deutschland
geborene Kinder von Ausländern zu erleichtern. Für die Liberalisierung
des Staatsbürgerschaftsrechts engagiert sich Özdemir seit 1994,
als er über die baden-württembergische Landesliste in den Bundestag
einzog. Bei der Arbeit im Innenausschuß hatte er sich dann parteiübergreifend
Respekt verschafft. In Bonn überzeugte er junge CDU-Abgeordnete und
Liberale davon, daß die Hürden bei der Einbürgerung abgebaut
werden sollten. «Nicht-deutsche Kinder, die hier geboren werden,
müssen mit dem Gefühl aufwachsen, daß hier ihre Heimat
ist», sagte Özdemir. Nur über die Integration könnte
religiöser Fundamentalismus unterbunden werden.
So populär Özdemir in Deutschland ist, so umstritten ist
er in der Türkei. Zwar lobte man ihn dort als «Vorzeige-Türken»
und weil er sich für eine stärkere Anbindung der Türkei
an die EU ausgesprochen hatte. Aber er erntete auch viele negative Schlagzeilen,
weil er Ankara beispielsweise für die Unterdrückung der Kurden
kritisierte. Auch jetzt hat Özdemir wieder gefordert, daß die
EU innerhalb eines Zeitraumes von fünf bis zehn Jahren Beitrittsverhandlungen
mit der Türkei aufnimmt. Allerdings müßte Ankara dafür
auch bedeutende Fortschritte bei der Demokratisierung machen, sagte er.