Solidaritätsforum für in der Türkei und Kurdistan unter der Folter sexuell belästigte und vergewaltigte Frauen
c.o. Mütze, Berlinerstr. 77, 51063 Köln
oder direkt bei Dorothee Zimmer-Gecici Telefon/Fax: 0221/58 35 55
Bochum: Müjgan Aslan, c.o. Internationaler Kulturverein Dahlhausenen
e.V., Eibergerstr. 2, 44879 Bochum, Telefon 0234
/ 49 46 05,
Fax 0234 / 49 76 16
Köln, 7.9.98
Sehr geehrte Damen und Herren,
Frauen und Mädchen aus der Türkei, aus Kurdistan; wir begegnen
Ihnen täglich auf der Straße, sie sind unsere Nachbarn oder
Freunde. Viele sind älter, kamen als Arbeiterfamilien nach hier und
sind mittlerweile in der zweiten oder dritten Generation hier. Viele sind
aber auch erst in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen, um hier
Schutz zu suchen. Schutz vor Folter und Vergewaltigung, die sie sowohl
in Gefängnissen oder in den Kriegsgebieten Kurdistans (v.a. Türkei
und Nordirak) erlebten.
Das Mittel der systematischen Vergewaltigung ist nicht neu. Neu ist
jedoch, daß es in der Türkei Frauen gibt, die auf juristischem
Wege versuchen, gegen ihre Peiniger vorzugehen. Zu diesem Zweck wurde in
Istanbul ein juristisches Hilfsprojekt gegründet, das kostenlose juristische
Vertretung in Fällen der sexuellen Belästigung bis hin zur Vergewaltigung
während der Haft und durch andere staatliche oder staatsnahe Organe
- wie z.B. kurdische Dorfwächter - anbietet. Das Projekt feiert nun
sein einjähriges Bestehen und kann auf eine sehr erfolgreiche Arbeit
zurückblicken. Über 50 Frauen haben sich bereits gemeldet und
durch die Bereitschaft einiger, öffentlich über ihr Schicksal
zu sprechen, wurde erstmals in der türkischen Öffentlichkeit
über diese Vergehen gesprochen. Damit wurde ein Tabu gebrochen und
Frauen versuchten so, besser damit fertig zu werden.
Die körperlichen Verletzungen sind häufig bald überwunden,
aber die Psyche vergißt so etwas ein ganzes Leben lang nicht. Vielfach
bleibt ihnen nur die Flucht. Sie kommen in die BRD in eine fremde Umgebung
und erleben den zusätzlichen Streß eines Asylverfahrens mit
ungewissem Ausgang. Sie leben hier in Heimen mit vielen fremden Männern
zusammen und haben hier im Verfahren mit vielen zu tun, denen sie plausibel
das Erlebte mehrere Male schildern müssen. Manche können auch
noch nicht hier über ihr Schicksal reden und sind von Abschiebung
in das Land ihrer Folterer bedroht.
Das „Solidaritätsforum für in der Türkei und Kurdistan
unter der Folter sexuell belästigte und vergewaltigte Frauen“ will
hier Hilfe anbieten. Wir, Türkinnen, Kurdinnen und Deutsche sind für
diese Frauen als Ansprechpartner da. Die Vermittlung an Rechtsanwältinnen,
Ärztinnen und Psychologinnen ist eine unserer Aufgaben.
Das Istanbuler Projekt finanziert sich nur über Spenden, und ist
auf finanzielle Unterstützung angewiesen, die wir ebenfalls durch
unser Solidaritätsforum leisten wollen.
Gleichzeitig betreiben wir Öffentlichkeitsarbeit, um auf die Situation
der Frauen hier und v.a. in ihrer Heimat aufmerksam zu machen.
Gerade zur Zeit des Wahlkampfes, in der das Thema Ausländer mehr
negativ besetzt wird, ist es wichtig, durch Aufklärung, um Verständnis
für diese Gruppe zu werben. Allzu schnell wird das Wort Asylmißbrauch
und Wirtschaftsflüchtlinge in den Mund genommen.
Wir arbeiten bereits mit mehreren Gruppen zusammen. Kontakte bestehen
zu „agisra“ und „Medica Mondiale“ (gleicher Arbeitsbereich für jugoslawische
Frauen) sowie zu dem Kölner Netzwerk, das sich im Rahmen der Kampagne
„Kein Mensch ist illegal“ gebildet hat und das Kirchenasylflüchtlinge/Kurden
betreut. Desweiteren wurden wir zum Evangelischen Landeskirchentag eingeladen
und der Lokalsender „Radio Erft“ sendete bereits eine erstes Interview.
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