Hamburger Abendblatt, 8.10.1998
Wie stark sich türkische Generale fühlen
Im Kriegsfall wollen sie „morgens in Syrien einmarschieren und mittags schon in Damaskus“ sein
 
 

Ankara - Der türkische Ministerpräsident Mesut Yilmaz hat dem Nachbarland Syrien „abschreckende Maßnahmen“ wegen des Streits um die Kurdenrebellen der PKK angekündigt. Es sei an der Zeit, „die finsteren Machenschaften Syriens zu beenden“, sagte Yilmaz, der gestern das Parlament über die Beschlüsse seiner Regierung informierte, Syrien zur Einstellung der Unterstützung für die PKK zu zwingen.
Yilmaz beschuldigte Syrien, sich in einem „Krieg gegen die Türkei auf dem Umweg über die Unterstützung“ der separatistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu befinden. Die PKK führe von syrischem Boden aus Angriffe gegen die Türkei und erhalte von Damaskus logistische sowie finanzielle Hilfe.
Ein möglicher Krieg gegen Syrien würde nach Angaben des türkischen Verteidigungsministers Ismet Sezgin nur einen Tag dauern. „Wir wollen aber keinen Krieg und geben der Diplomatie eine letzte Chance“, sagte Sezgin. Das türkische Massenblatt „Hürriyet“ zitierte hochrangige Offiziere: „Wenn es zu einem Krieg kommt, würden wir morgens in Syrien einmarschieren und mittags schon in Damaskus sein.“ Die Türkei sei zahlenmäßig und technologisch ihrem Nachbarn deutlich überlegen.
Die Türkei hat Syrien Militärschläge angedroht, falls Damaskus seine Hilfe für die PKK nicht einstellt. Syrien bestreitet jede Unterstützung der PKK.
Arabische Beobachter haben den eigentlichen Drahtzieher der Krise in Israel ausgemacht: Druck auf Syrien und damit auch Libanon solle deren Verhandlungsposition schwächen und sie zu Zugeständnissen im Nahost-Friedensprozeß zwingen.
Israel, der Türkei mit einem Militärabkommen verbunden, bestreitet jeglichen Anteil an den jüngsten Spannungen.   (HA)