Süddeutsche Zeitung      15.10.98
 

Flucht in die Weltpolitik
Hosni Mubarak sucht Anerkennung als Vermittler von Krisen

Standfest wie eine Pyramide, strahlend wie die Sonne über Ägypten“: Für Staatschef Hosni Mubarak, dem Vermittler im syrisch-türkischen Konflikt, scheint den ägyptischen Zeitungen derzeit kein Lob zu hoch zu sein. Ein Krieg zwischen den beiden Staaten ist vorerst offenbar abgewendet, und dies schreiben die Kommentatoren mehr oder weniger ihrem Staatsoberhaupt zu. Als „Mann für schwierige Missionen“, wie ihn die Tageszeitung al-Ahbar rühmt, würde er gerne Geschichte machen – mit seinen diplomatischen Bemühungen in der jüngsten Krise zwischen Türkei und Syrien um die Unterstützung der PKK durch Syrien gibt sich der 70 Jahre alte Mubarak einmal mehr als Chefvermittler und Oberhaupt der arabischen Staatenfamilie.
Mubarak wurde vor genau 17 Jahren nach Gamal Abd-el-Nasser und Anwar al-Sadat der dritte Präsident Ägyptens nach der Unabhängigkeit im Jahre 1952. Mubarak war 53 Jahre alt und rechte Hand Sadats, als dieser 1981 ermordet wurde. Als neuer Präsident setzte sich Mubarak zum Ziel, Ägypten aus der Isolation zu befreien, in die es Sadats Friedensschluß mit Israel bei den Arabern gebracht hatte. Mit Beharrlichkeit und Langmut gelang es Mubarak aber, das Vertrauen der arabischen Staatschefs wiederzuerlangen. Er stellte Ägyptens führende Rolle in der arabischen Welt wieder her, ohne den Frieden mit Israel zu brechen.  Auch wenn der Irak und Syrien Ägypten immer wieder vorwerfen, nicht im Interesse der Araber zu handeln, war Mubarak doch der einzige arabische Politiker, der aktiv im Friedensprozeß mit Israel vermitteln konnte. Ob mit Yassir Arafat, Süleyman Demirel oder König Hussein von Jordanien –Mubarak pflegt und nützt seine Beziehungen, um sich wie jetzt im syrisch-türkischen Konflikt unabkömmlich zu machen.
„Nasser nationalisierte den Suez-Kanal, Sadat eroberte den Sinai zurück, und Mubarak leitete den Verkehr um“, sagen die Ägypter über ihren Präsidenten. Mubarak ist kein Freund spektakulärer oder deutlicher Aktionen. Im eigenen Land, wo große Probleme noch immer ungelöst sind, wird ihm dies angelastet. Ägyptens Bevölkerung wächst um eine Million Einwohner im Jahr. Gegen Armut, Analphabetismus und Korruption kommt er mit dem Bekenntnis zu freier Marktwirtschaft allein nicht an.  Mit unnachgiebigen Strafen will er den islamischen Terrorismus bekämpfen – doch die Islamisierung der Gesellschaft nimmt zu. Sein Verhandlungsgeschick nutzt Mubarak nur auf der internationalen Bühne.
Karin Gothe