Syrien wird der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in Zukunft nicht mehr
zur Seite stehen und auch nicht als eine Art Rückzugsgebiet dienen;
das ist so besiegelt, und der türkische Außenminister Ismail
Cem sieht damit ein 15 Jahre altes Problem als gelöst an. Daß
nicht Syrien die PKK stark gemacht hat, sondern daß die Repression
der türkischen Militärs im genannten Zeitraum die Radikalisierung
immer größerer kurdischer Gruppen bewirkt hat, kümmert
ihn weniger. Der Kern des Problems bleibt indes hart.
Ankara hat nicht durch Einsicht oder Einlenken das Abkommen mit der
Regierung in Damaskus erreicht. Die türkische Regierung kann andere
Druckmittel einsetzen und tut das auch, nicht ohne Geschick. Das Zusammenspiel
mit Israel in gewissen militärischen Dingen gehört dazu. Die
geographische Lage des Landes ist aber ein noch stärkerer Trumpf.
Die Türkei beherrscht die Quellen des wichtigsten Flusses, der
Syrien erreicht: Sie kontrolliert und staut den Oberlauf des Euphrat. Aber
Wasser, begütigt Präsident Süleyman Demirel, ist natürlich
keine Waffe. In Damaskus mag man das glauben oder nicht. Und die Kurden
am Euphrat machen eine besondere Beobachtung. In den Entwicklungsgebieten
am Atatürk-Damm wandert viel türkisches Kapital zu, es schafft
auch Arbeitsplätze, aber eben keine kurdischen. Das Phänomen
erzeugt Widerstand. Um den zwecks ungestörter Investition zu brechen,
glauben Ankaras Militärs wiederum militärische Gewalt einsetzen
zu müssen. Sie schaffen das Problem neu, das sie soeben beseitigt
glauben. Alles bleibt im Fluß.