Yahoo! Dienstag, 10. November 1998,

Kreise - PKK tötet 20 türkische Soldaten

Diyarbakir (Reuters) - Bei einem Überfall haben Kämpfer der Untergrundorganisation PKK nach Angaben aus türkischen Sicherheitskreisen 20 türkische Soldaten
getötet. Weitere 15 Soldaten seien bei den Gefechten im Gabar-Gebirge verletzt worden, verlautete am Dienstag aus den Kreisen. Das türkische Militär verstärkte
seine Offensive gegen die PKK im Nordirak. Militärangehörige erklärten, inzwischen seien dort 30.000 Soldaten im Einsatz. Durch die Offensive solle eine Gruppe
von bis zu 500 PKK-Kämpfern zerschlagen werden, die aus Syrien geflohen sei.

In Kreisen der türkischen Armee hatte es am Vortag geheißen, elf PKK-Kämpfer seien innerhalb der vergangenen zwei Tage noch auf türkischen Gebiet getötet
worden. Syrien hatte der PKK im vergangenen Monat unter dem Druck der Türkei den Aufenthalt im Land untersagt. Die PKK kämpft für einen Kurdenstaat im
Südosten der Türkei. Bei den Kämpfen sind in den vergangenen 14 Jahren mehr als 29.000 Menschen getötet worden.

Bei ihrer Offensive gegen die PKK wird die türkische Armee von etwa 5000 kurdischen Alliierten im Nordirak unterstützt. Ein Kommandeur der Peschmerga, der
Armee der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), erklärte, bei der Offensive werde das Gebiet noch einmal vor dem Winter durchgekämmt. Im Winter gelten
die Gebirgsverstecke der PKK als uneinnehmbar. Die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anatolien meldete, die Separatisten seien auf der Flucht in Richtung
Iran.

Die türkische Armee war in den vergangenen Jahren mehrmals in den Nordirak eingedrungen, über den der Irak seit Ende des Golf-Kriegs 1991 die Kontrolle
verloren hat. Die irakische Regierung hatte der Türkei am Montag den Bruch internationaler Gesetze vorgeworfen. Ein Sprecher des Außenministeriums bezeichnete
die Offensive als Verstoß gegen die Souveränität des Irak. Die Truppen müßten sich zurückziehen.
 


 Yahoo! Dienstag, 10. November 1998, 18:06 Uhr

Türkei warnt Irak vor Hilfe für Kurden

Ankara (Reuters) - Die Türkei hat den Irak am Dienstag nachdrücklich aufgefordert, jegliche Unterstützung für türkische Kurden zu unterlassen. Sollte die irakische
Hilfe für die Kurden noch zunehmen und sich die Türkei in ihrer Sicherheit bedroht fühlen, werde sie geeignete Maßnahmen ergreifen, erklärte der stellvertretende
türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit. Unterdessen verstärkte das türkische Militär seine Offensive gegen die Untergrundorganisation PKK im Nordirak.
Militärangehörige erklärten, inzwischen seien dort 30.000 Soldaten im Einsatz.

Es lägen Informationen des Geheimdienstes vor, daß der Irak die PKK zunehmend unterstütze, sagte Ecevit vor Journalisten. Er verwies auch direkt auf die im
vergangenen Monat gegen Syrien ausgesprochene militärische Drohung der Türkei. Die syrische Regierung hatte daraufhin erklärt, sie werde keinen
PKK-Flüchlingen Unterschlupf in ihrem Land gewähren. Schon allein die im Fall Syrien ins Auge gefaßten Maßnahmen hätten ausgereicht, um das Problem zu lösen,
sagte Ecevit. Welche Aktionen die Türkei erwägt, sagte er nicht.

Im Kampf gegen die PKK hat die Türkei bereits mehrfach, Offensiven im Norden des Irak gestartet. Diese Region unterliegt seit dem Golfkrieg 1991 nicht mehr der
Kontrolle des irakischen Präsidenten Saddam Hussein. Militärische Aktionen der Türkei auf dem von Hussein kontrollierten Territorium hat es bisher nicht gegeben.

Mit der gegenwärtigen Offensive im Nordirak soll nach Angaben aus türkischen Sicherheitskreisen eine Gruppe von bis zu 500 PKK-Kämpfern zerschlagen
werden. Diese seien aus Syrien geflohen, hieß es. Bei ihrer Offensive wird die türkische Armee von etwa 5000 kurdischen Alliierten im Nordirak unterstützt. Ein
Kommandeur der Peschmerga, der Armee der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), erklärte, bei der Offensive werde das Gebiet noch einmal vor dem Winter
durchgekämmt. Im Winter gelten die Gebirgsverstecke der PKK als uneinnehmbar. Die amtliche türkische Nachrichtenagentur Anatolien meldete, die Separatisten
seien auf der Flucht in Richtung Iran.

Bei einem Überfall von PKK-Kämpfern im Gabar-Gebirge wurden den Sicherheitskreisen zufolge 20 türkische Soldaten getötet. Weitere 15 Soldaten seien verletzt
worden.


Stuttgarter Zeitung 11.11.1998

Militäraktionen im Irak sind schon Routine

Die Türkei kann beim Vorgehen gegen die PKK mit dem Verständnis der Verbündeten rechnen
Türkische Truppen überschritten die Grenze zum Nordirak.  Rund 25000 Mann sollen 30 Kilometer tief ins Nachbarland einmarschiert sein, um Verstecke der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) nahe der iranischen Grenze zu zerstören.
Von Astrid Frefel, Istanbul
Die Nachricht der türkischen Operationen im Irak finden in der Öffentlichkeit kaum Beachtung. Schließlich sind diese Aktionen in den vergangenen Jahren zu einer Routine geworden. ¸¸Wir schätzen, daß 400 bis 500 Menschen von Syrien in den Nordirak geflüchtet sind, wo es ein Machtvakuum gibt. Es ist unser Ziel, diese PKK-Mitglieder zu vernichten’’, erklärte Verteidigungsminister Ismet Sezgin in aller Offenheit.
Sanktionen des Auslandes müssen die Militärs kaum befürchten. Die Generäle können auf das Verständnis des engsten Verbündeten, der USA, zählen. Sie dulden die Grenzverletzungen als Gegenleistung für die Erlaubnis, von türkischem Gebiet aus Aufklärungsflüge über dem Irak durchzuführen.
Der Zeitpunkt der jüngsten Invasion wird einerseits vom bevorstehenden Wintereinbruch diktiert und zum zweiten von den politischen Veränderungen im Nordirak. Mitte September haben die beiden rivalisierenden Kurdenparteien in Washington einen Friedensvertrag unterzeichnet. Dieser sieht eine gemeinsame Verwaltung des Gebietes und Neuwahlen für das regionale Parlament in Erbil für den kommenden Sommer vor.
Massoud Barzani, der Vorsitzende der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und Jalal Talabani, der Chef der Patriotischen Union (PUK) haben sich jüngst in Ankara getroffen und erklärt, die Umsetzung des Abkommens verlaufe zügiger als geplant.
Ankara war über das Abkommen von Washington und die Tatsache, daß es ohne die Türkei zustande gekommen war, derart verärgert, daß es seine diplomatischen Beziehungen zu Bagdad auf Botschafterebene hinauf beförderte. Sollte die kurdische Selbstverwaltung im Nordirak wirklich funktionieren, würde dies den Spielraum Ankaras in diesem Gebiet wesentlich einschränken, da man sich bei den Aktionen nicht mehr auf ein Machtvakuum berufen könnte. Eine solche politische Lösung könnte den Kurden in der Türkei zudem als Vorbild dienen.
Seit 14 Jahren kämpft die PKK für die Rechte der kurdischen Minderheit. Verluste in der Türkei, ihre Verfolgung auf irakischem Gebiet und das türkisch-syrische Abkommen haben die militärische Organisation in den letzten Jahren geschwächt. Die Flucht - vermutlich nach Rußland - von PKK-Chef Abdullah Öcalan aus Syrien hat nun auch ihre Führungsstruktur aus den Fugen gehoben.
Dafür kann die PKK auf der politischen Bühne Erfolge verbuchen. Das russische Parlament verlangte Asyl für Öcalan, über 100 griechische Abgeordnete haben eine Einladung an ihn unterzeichnet und in Skandinavien gab es große prokurdische Demonstrationen. Überraschend viele türkische Kommentatoren haben sich in den vergangenen Tagen die Frage gestellt, ob die PKK, die am 1.September einen einseitigen Waffenstillstand erklärt hatte, eine ähnliche Entwicklung wie die Eta oder die IRA durchmachen werde.  Das Militär in der Türkei habe allerdings noch keine Signale gegeben, die auf eine andere als eine militärische Lösung der Kurdenfrage hinweisen würden.