Bundesverfassungsgericht rügt
erneut Asylurteil
Verwaltungsgericht wertete Nichterscheinen
von Kindern zum Prozeß als
"Untertauchen"
Von Sigrid Averesch
BERLIN, 12. November. Die mangelnde Sachaufklärung
eines Verwaltungsgerichts in einem Asylverfahren ist
erneut vom Bundesverfassungsgericht beanstandet
worden. Das Verwaltungsgericht Münster hatte das
Nichterscheinen von zwei kurdischen Kindern vor dem
Gericht als "Untertauchen" und als Desinteresse am
Asylverfahren gewertet. Eine solche Annahme sei nicht
gerechtfertigt, hieß es in dem am Donnerstag
veröffentlichten Beschluß der Verfassungsrichter. Das
Urteil des Verwaltungsgericht genüge nicht den
Anforderungen an die Rechtsschutzgarantie. (AZ: 2 BvR
2662/95)
Vor dem Verwaltungsgericht hatten ein zehn- und ein
13jähriges Mädchen auf Asyl geklagt. Ihren Angaben
zufolge gehörten Familienmitglieder der Kurdischen
Arbeiterpartei PKK an. Ihr Vater sei deshalb in der
Türkei gefoltert worden und an den Verletzungen
gestorben. Zur mündlichen Verhandlung erschien nur ihr
Vormund. Mit dem Vormund seien die Kinder
ordnungsgemäß im Prozeß vertreten gewesen, befand das
Karlsruher Gericht. Zudem seien die Mädchen ohnehin
nicht zu Verfahrenshandlungen fähig. Das
Verwaltungsgericht muß nun erneut über den Fall urteilen.
Vor einer Woche hatten die Verfassungsrichter das Urteil
des Arnsberger Verwaltungsgericht zur Abschiebung eines
Iraners als willkürlich gerügt. (Berliner Zeitung, 13.11.98)