D'Alema wandte sich auch gegen die deutsche Regierung,
die in
dieser Frage »kein Modell von Kohärenz«
sei. Der italienische
Regierungschef hob auf die Idee eines internationalen
Gerichts ab,
das auf Initiative der Europäischen Union gegründet
werden und
Öcalan den Prozeß machen solle. Und dies
heiße nicht, daß man sich
in die inneren Angelegenheiten der Türkei einmische:
»Die Türkei
hat den Beitritt zur EU beantragt, und die EU ist
gehalten, die
Kriterien für den Beitritt zu prüfen,
die den Respekt der
Minderheiten umfassen.« In den vergangenen
Tagen hatte D'Alema den
PKK-Chef einem Radio gegenüber als »Terroristen«
bezeichnet, ein
Zeichen dafür, daß die zu Beginn positive
Stimmung für Öcalan
umzuschlagen scheint. Für politisches Asyl
sprechen sich nur noch
die Grünen, die Italienischen Kommunisten (PdCI)
sowie Rifondazione
Comunista (PRC) aus - wenn man von der Lega Nord
absieht.
Angesichts der langen Fristen für einen internationalen
Gerichtshof
für Öcalan wird ein Prozeß in Italien
immer wahrscheinlicher. Das
wäre auch im Sinne der türkischen Seite,
die auf gar keinen Fall
eine Internationalisierung der Kurdenfrage wünscht.
Ob sich mit dem
Wechsel an der Regierungsspitze in Ankara etwas
Grundlegendes
ändert, darf mit gutem Grund angezweifelt werden.
Der designierte
neue Premier Bülent Ecevit (73), der zum vierten
Mal eine Regierung
zusammenstellen muß, gilt zwar offiziell als
Politiker mit einer
linken Vergangenheit, hat davon jedoch so einiges
an den Nagel
gehängt. Auch er vertritt einen exzessiven
türkischen
Nationalismus, in dem für Forderungen von Minderheiten
kein Platz
ist. Er war es auch, der 1973 den Einmarsch auf
Zypern anordnete.
PRC-Sekretär Fausto Bertinotti war am Dienstag
mit Öcalan
zusammengetroffen. Bertinotti hat dabei eine Pressekonferenz
angeregt, die allen italienischen und ausländischen
Journalisten
offenstehen soll, um allen die Argumentation Öcalans
nahezubringen.
Der PRC-Chef ist vom taktischen Schwenk der PKK
überzeugt: »Nachdem
ich ihm lange zugehört habe, habe ich den Eindruck,
daß Öcalan nach
Italien kommen wollte, weil er tatsächlich
einen Plan hat, einen
Friedensplan«« so Bertinotti gegenüber
der Tageszeitung »Il
Manifesto.
Cyrus Salimi-Asl, Neapel