Öcalan greift Deutschland an - «Waffen für Unterdrückung
geliefert»
Rom (dpa) - Der in Rom festgenommene kurdische Separatistenführer
Abdullah Öcalan hat in einem Interview scharfe Kritik an Bonn geübt.
Deutschland habe der Türkei Waffen für die Unterdrückung
der Kurden geliefert, sagte der 49jährige der italienischen Zeitung
«La Stampa» (Montagausgabe).
Öcalan bekräftigte seine Bereitschaft, vor einem internationalen
Gericht zu erscheinen. Gleichzeitig müsse aber eine politische Lösung
für die Kurden gefunden werden.
Mit ihm, Öcalan, müsse sich auch Ankara verantworten. «Aber
nicht nur die Türkei. Es müssen auch ihre Verbündeten verfolgt
werden, die ihr Waffen für die Unterdrückung
geliefert haben. Allen voran Deutschland.»
«In Kurdistan wird Krieg geführt, und die Türken haben
4 000 Dörfer zerstört, zwischen 8 000 und 10 000 Menschen massakriert»,
sagte Öcalan. «Warum nicht auch ihnen den Prozeß machen,
und Deutschland, das ihnen geholfen hat?» Dagegen wirft die Türkei
dem Chef der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor, für 30
000 Tote in 14 Jahren Terrorismus gegen Ankara verantwortlich zu sein.
Als Land für einen Prozeß nannte Öcalan Österreich,
das noch den EU- Ratsvorsitz führt.
Auf die Frage, ob er eine Auslieferung an Deutschland gefürchtet
habe, sagte Öcalan: «Wenn das geschehen wäre, dann hätte
in Deutschland alles passieren können. Mehr als 50 Menschen hätten
sich selbst angezündet, Hunderte waren zum Hungerstreik bereit.»
Als mögliches Zielland bei einer Abschiebung aus Italien nannte
Öcalan auch Iran. Er steht noch bis zum 22. Dezember unter Aufsicht
in Rom, darf die Stadt nicht verlassen. Öcalan war am 12. November
nach seiner Ankunft mit einer Maschine aus Moskau in Rom festgenommen worden.