Hausdurchsuchung beim PKK-Chef Öcalan
R. St. Rom, 7. Dezember
Der französische Untersuchungsrichter Jean-Franþois Ricard
hat am Montag in Begleitung von italienischen Polizisten die Zwangsresidenz
des PKK-Chefs Öcalan bei Ostia durchsucht. Ricard ist auf Terrorbekämpfung
spezialisiert. Die französische Justiz will abklären, ob sich
die marxistische Partei der Kurden in Frankreich auf unrechtmässige
Weise finanziert hat. Über das Ergebnis der Hausdurchsuchung verlautete
bisher nichts.
Inzwischen scheint der italienische Vorschlag, den vieler Verbrechen
bezichtigten Kurdenführer vor ein internationales Gericht zu stellen,
in der EU allmählich an Zustimmung zu gewinnen. Über die Modalitäten,
die den juristischen Kraftakt ermöglichen sollen, besteht noch keine
Übereinstimmung. Am EU-Aussenministertreffen in Brüssel wurde
der italienischen Handhabung des Falles laut Quellen der Ratspräsidentschaft
jedoch Anerkennung zuteil.
Am Sonntag hatte Öcalan mehrere italienische Journalisten empfangen
und seine früher geäusserten Absichten wiederholt. Er strebt
einen Prozess vor einem Gericht in Europa an. Wenn Italien das Verfahren
nicht durchführen wolle, kämen seiner Meinung nach die Niederlande
oder Österreich in Frage. Aus seiner Sicht bestünde der Zweck
eines solchen Prozesses darin, als Angeklagter die europäische Öffentlichkeit
für die Kurdenfrage zu sensibilisieren. Diese Situation ist für
die Türkei wenig vorteilhaft, und sie lehnt das Verfahren ab. Der
italienische Aussenminister Dini hält die Zustimmung Ankaras zu einem
Prozess ausserhalb der Türkei jedoch für notwendig. Öcalan
hat in den Gesprächen ferner Enthüllungen über das Attentat
auf Papst Johannes Paul II. und den Mord am schwedischen Ministerpräsidenten
Palme in Aussicht gestellt. Mit dem Papstattentat beschäftigte Untersuchungsrichter
sind der Ansicht, in den etwas levantinischen Äusserungen spiegle
sich vor allem der Wunsch des Kurdenführers, in Italien bleiben zu
können. Die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen sei zweifelhaft.