Ankara: Parteiloser soll Regierung bilden
ANKARA (dpa). Der türkische Staatspräsident Süleyman
Demirel hat gestern in Ankara den amtierenden parteilosen Industrie- und
Handelsminister Yalim Erez mit der Regierungsbildung beauftragt. Nach dem
rund 30minütigen Gespräch mit Demirel sagte der 54jährige
kurdisch-stämmige frühere Geschäftsmann vor Journalisten
im Präsidialpalast, er wolle sich um eine Koalition des Konsenses
und des Dialogs auf breiter Basis bemühen.
¸¸Ich stehe in gleichem Abstand zu allen Parteien im Parlament’’,
sagte Erez. Sein erster Verhandlungspartner werde der Vorsitzende der islamistischen
Tugendpartei, Recai Kutan, sein, weil er über die größte
Fraktion verfüge. Danach werde er mit allen Parteichefs nach der Reihenfolge
ihrer Fraktionsstärken zusammenkommen. Die vom amtierenden Ministerpräsidenten
Mesut Yilmaz geführte Drei-Parteien-Koalition war vor einem Monat
durch ein Mißtrauensvotum gestürzt worden. Sein Stellvertreter
Bülent Ecevit hatte zu Wochenbeginn den Auftrag zur Regierungsbildung
zurückgegeben.
Parteiloser Erez soll Türkei regieren
Der türkische Präsident Demirel hat gestern den bisherigen
Industrie- und Handelsminister Yalim Erez mit der Bildung einer neuen Regierung
betraut. Erez war im bisherigen Kabinett Yilmaz der einzige parteilose
Politiker.
Jan Keetman/Istanbul
Vor Erez hatte der Sozialdemokrat Bülent Ecevit vergeblich versucht,
eine neue Regierung zu bilden, nachdem Premier Mesut Yilmaz durch ein Misstrauensvotum
gestürzt worden war. Der 54jährige Erez wurde als Autor
eines Berichts der «Vereinigung der Handelskammern und Börsen
der Türkei» bekannt. Darin wurde erklärt, das Kurden-Problem
sei nicht allein mit militärischen Mitteln zu lösen. Der Bericht
schlug vor, den Kurden kulturelle Rechte zuzugestehen und die Region wirtschaftlich
zu entwickeln. Mit der Entscheidung, keinen Parteiführer mit der Regierungsbildung
zu beauftragen, versucht Präsident Demirel, die Blockierung der Innenpolitik
durch die Zerstrittenheit der grossen türkischen Parteien zu überwinden.
Gelingt es jedoch auch Erez nicht, eine Regierung zu bilden, kann Demirel
eine Experten-Regierung einsetzen, die nicht vom Parlament bestätigt
werden muss, aber innert 45 Tagen Neuwahlen durchführen müsste.