Berlin, den 10. Dezember 1998
Sehr geehrter Herr Generalsekretär,
Ihren persönlichen Einsatz für Frieden und Menschenrechte
in vielen Teilen der Welt haben wir mehrfach mit Freude und Respekt wahrgenommen.
Leider haben Sie als Generalsekretär der Vereinten Nationen dem
Krieg der türkischen Militärs gegen Millionen von Kurdinnen und
Kurden innerhalb und außerhalb des türkischen Staatsgebietes
nicht die gleiche Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Für die Völkergemeinschaft, vor allem für die Kurdinnen
und Kurden selbst, entsteht damit der Eindruck, als gäbe es für
die UNO keine „kurdische Frage“.
Wir halten ein solches Verhalten der UNO gegenüber der kurdischen
Nation für unvereinbar mit den Grundsätzen einer zivilisierten
Völkergemeinschaft, für unvereinbar mit dem Völkerrecht
und der Charta der Vereinten Nationen.
Wir fordern Sie auf, dieses Verhalten zu korrigieren und zum Schutz
der Kurdinnen und Kurden tätig zu werden.
Eine solche Korrektur ist aus prinzipiellen Gründen dringend notwendig.
Dem kurdischen Volk wird bis heute der Schutz des Völkerrechts
verweigert.
Die UNO hat sich bisher nur für Kurdinnen und Kurden in Süd-Kurdistan
(Nord-Irak) eingesetzt. Eine so beschränkte Sichtweise ist unvereinbar
mit den Grundsätzen der Vereinten Nationen. Die Mehrheit der Kurdinnen
und Kurden leidet und kämpft in der Türkei.
Selbst zu den Militärangriffen der Türkei gegen kurdische
Menschen in der UN-Schutzzone hat die UNO geschwiegen. Sie hat damit zugelassen,
dass ihre Beschlüsse über die Errichtung dieser kurdischen Schutzzone
von der türkischen Politik vor den Augen der Welt als wertlos und
unbeachtlich hingestellt wurden.
Schon mit dem Abkommen von Sevres hatte die internationale Völkergemeinschaft
die Existenz einer kurdischen Frage anerkannt. Eine Lösung steht
seitdem aus.
Wir fordern Sie deshalb auf, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz
der Menschenrechte und des Selbstbestimmungsrechts der Kurdinnen und Kurden
zu ergreifen. Dazu gehört:
die Einberufung einer internationale Konferenz zur Untersuchung und
Lösung der kurdischen Frage;
der Protest der UNO gegen die Verfolgung der Kurdinnen und Kurden auch
und gerade in der Türkei;
die Entsendung von ständigen Beobachtern der UNO in die Türkei
zum Schutz der dort lebenden Kurdinnen und Kurden vor den Angriffen der
Militärs und zur Einhaltung des Völkerrechts;
der energische Protest der UNO gegen die wiederholten türkischen
Aggressionen in die UN-Schutzzone;
die Anerkennung der kurdischen Parteien (KDP, PKK, PUK) als Beobachter
bei den Vereinten Nationen, um so einen Einstieg in einen Verhandlungsprozeß
zur Lösung der kurdischen Frage zu ermöglichen.
Mit ihrem persönlichen Einsatz für die Lösung der kurdischen Frage würden Sie auch den Vorwurf entkräften, die UNO setze sich nur für die Belange der Mächtigen und für deren Allianzen in der Welt ein.
Unterzeichner:
Kambiz Behbahani, Bündnis 90/Die Grünen, Berlin Renan Demirkan,
Schauspielerin, Bonn Rüdiger Lötzer, Deutsch-Kurdischer Freundschaftsverein
Berlin Hans Werner Maczkiewitz, Aachener Friedenspreis e.V.
Hans Branscheidt, medico international
Prof. Roland Mönch, Rektor der Hochschule Bremen
Prof. Norman Paech, Völkerrechtler, Hamburg
Sibylle Rothkegel, Salah Ahmed, Behandlungszentrum für Folteropfer
e.V. Berlin
Giyas Sayan, PDS-MdA, Berlin
Unterstützen Sie diese Forderungen mit Ihrer Unterschrift!
Schreiben Sie an den Generalsekretär der Vereinen Nationen, Herrn
Kofi Annan, oder teilen Sie uns Ihre Unterstützung mit.
Mr. Kofi Annan
General Secretary U.N.
1 U.N. Plaza, New York
NY 10017, USA
Deutsch-Kurdischer Freundschaftsverein Berlin e.V.
Dieffenbachstr. 33
10967 Berlin
Fax (030) 69 40 10 41